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Filmkritik

Horst Buchholz...Mein Papa

| Dagmar Haier |

Ein Sohn ist auf Vatersuche. Der Vater verweigert sich zunächst, aber Söhne berühmter Väter können hartnäckig sein, und am Ende weiß man doch etwas mehr.

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Eigentlich würde man von einem deutsch-französisch erzogenen Sohn erwarten, dass er seinen Vater mit einem leicht nasalen „Papá“ anspricht. Er verwendet jedoch immer das zärtliche, fast wienerisch klingende „Pápa“ mit der Betonung auf dem ersten „a“. Und das unterscheidet seine Dokumentation von jeder Hommage. Sie ist eben keine Hommage, sondern eine Liebeserklärung an Pápa. Inklusive aller Härte, die Ehrlichkeit innerhalb einer Familie so nach sich zieht. Als Christopher Buchholz 2001 angesichts des zunehmenden Verfalls seines Vaters zu drehen begann, ging es ihm zunächst darum, die nie geschriebene Biografie des berühmten Schauspielers und Familienmenschen für die Nachwelt und sich selbst zu retten. Viel hat „Hotte“ ja nie über sich selbst gesprochen. Tut er auch hier nicht. Und natürlich geht es um Fragen, die man als Sohn hat, als Kind, das trotz allem relativ unbeschwert aufwuchs. Starrummel wurde weitestgehend ferngehalten, und Papa Buchholz war ein liebender Vater. Die Mutter, Myriam Bru, war ebenfalls Schauspielerin und ist wie viele andere Frauen berühmter Männer in den Hintergrund getreten, hat die Familie zusammengehalten und ihrem Mann, dem Holly-woodstar, den Rücken gestärkt. Und außerdem Horst Zeit seines Lebens gesiezt. Man erfährt viel Familiäres, aber man erfährt es nicht von Horst Buchholz, dem alten störrischen Egozentriker. Was man herausspürt, ist die Tragik eines ewig „Jungen Helden“, der immer weniger Rollen angeboten bekam, nur in ganz wenigen davon würdevoll ins „Alte Fach“ hinübergleiten durfte und das damit begründet, dass er selbst immer wählerischer wurde, während die Qualität des Fernsehens nachließ. Und man spürt die aufkeimenden Fragen des Sohnes, der selbst Schauspieler wurde und dabei niemals am Mythos seines Vaters vorbei kam. Ihm liegt einfach daran, nicht zu spät zu kommen, sich nicht einmal sagen zu müssen: Ich habe versäumt, mit meinen Eltern zu sprechen, meine Fragen zu stellen. Warum hat Horst Buchholz, wie so viele andere Männer, seine Frau betrogen? Liegen Bisexualität, Alkoholsucht und latente Depressionen in der Familie? Christopher bleibt drauf mit der Kamera, wenn sein Vater unwirsch sagt: „Ich bin nicht schwul. Ich hasse Schwule.“ Immerhin lebte Horst Buchholz ab 50 in Berlin mit seinem Freund zusammen. Im März 2004 starb er unerwartet. Sandra Hacker kam Christopher als Koregisseurin zu Hilfe, gemeinsam gelang eine Aufarbeitung der Familiengeschichte. Christopher Buchholz ist nicht zu spät gekommen.