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Ein gutes Jahr

| Alexandra Seitz |

Der Londoner Börsenmakler Max Skinner erbt von seinem Onkel ein Weingut in der Provence. Sowie er ankommt, um das Gut möglichst gewinnbringend zu verkaufen, holt ihn seine Vergangenheit ein. Und bald schon die französische Lebensart.

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In Gladiator schickte Ridley Scott Russell Crowe durch ein reinigendes Blutbad, an dessen Ende die Seelenrettung des in Ungnade gefallenen, martialischen Helden stand. A Good Year ist weder eine Gegenwartsvariante dieses Stoffes noch von vergleichbar epischer Dimension, eher ist Scotts neuer Film eine Fingerübung in idyllischer Träumerei – und doch steht am Ende die gerettete Seele eines Mannes, und dergleichen darf man nicht gering schätzen. Von Vornherein sind Gut und Böse hier klar verteilt, unterscheidbar schon in der Farbgebung: London, wo Börsenmakler Max Skinner seine zwielichtigen Geschäfte durchführt, strahlt in eisigem Blau, wohingegen die französische Provence, in die ihn bald schon Erbangelegenheiten verschlagen, in warmen, zärtlichen Erdfarben leuchtet. Sofort ist klar, dass hier nicht nur das bessere Leben, sondern das Gute seiner harrt, und absehbar ist von daher auch das Happy End: Skinner wird sich besinnen, er wird erkennen, dass er bislang dem falschen Götzen huldigte – dem schnöden Mammon, wem sonst? – und er wird sein Leben ändern. Max Skinner wird am Ende doch noch ein glücklicher Mann sein.

Aus böswilliger Perspektive ist A Good Year nichts weiter als Edelkitsch, ein belangloses Feelgood-Movie, ebenso schnell vergessen wie gesehen. Und doch ist A Good Year ein elegant inszenierter und schlüssig erzählter Film, voll freundlich-liebevoll erfundener Szenen, und selbstverständlich gut gespielt. Denn was ist von einer bis hin zur kleinsten Nebenrolle sorgsam überlegten Besetzung (beispielsweise Valéria Bruni-Tedeschi als an den Fesseln tätowierte Notarin) auch anderes zu erwarten? Albert Finney in der Rolle des schrulligen Erbonkels Henry, Freddie Highmore in der des jungen Max, Tom Hollander als nur leicht schnöseliger Anwalt Skinners, Abbie Cornish als die plötzlich auftauchende (mögliche) andere Erbin und natürlich Crowe selbst, der den verirrten Turbokapitalisten mit gewohnter Hingabe spielt – sie alle sorgen dafür, dass einem die Absehbarkeit der Geschichte bald schon herzlich egal ist: Schaut man halt guten Schauspielern beim Spielen zu, und einem herausragenden Regisseur bei seinem Handwerk.

Faszinierend an A Good Year, wenn man so will, ist die Souveränität und Furchtlosigkeit, mit der Scott sich dem Klischee hingibt. Und es solcherart, und auch das hängt vom Auge des Betrachters ab, aus seiner Umklammerung durch den Kitschverdacht befreit. Weil tief in ihrem Inneren Geschichten, wie sie A Good Year erzählt, immer wahre Geschichten sind.