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Scoop – Der Knüller

| Harald Mühlbeyer |

Woody Allen und Scarlett Johansson als ungleiches Ermittler-Duo werden aus dem Jenseits auf die Spur des Tarotkarten-Mörders geführt.

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In einer Kurzgeschichte von Woody Allen lässt sich Professor Kugelmass in Flauberts Madame Bovary hineinzaubern, um seiner unbefriedigenden Ehe zu entkommen. Durch eine lebendig gewordene Figur, die in The Purple Rose Of Cairo von der Leinwand heruntersteigt, lernt eine unscheinbare Kellnerin die Liebe kennen. Das Motiv der Zauberei ist bei Allen eine Chiffre für Weltflucht, der Einbruch des Magischen hilft den Figuren, ihren geordneten, aber belanglosen Alltag zu verlassen. In Scoop erscheint ein verstorbener Enthüllungsreporter in der Show des abgehalfterten Vaudeville-Zauberers Sid „Splendini“ Waterman (Woody Allen), um der unerfahrenen Journalistin Sondra Pransky (Scarlett Johansson) einen heißen Tipp zu geben: Peter Lyman, Sohn eines Lords und aufstrebender Politiker, könnte der berüchtigte Tarotkarten-Mörder sein, das wäre der größte Knüller seit Jack the Ripper – „schreibt man das groß?“, fragt Sondra.

Die gänzlich ungeeigneten Ermittler Sondra und Sid werden bei der Suche nach dem Serienmörder in die Welt der britischen Upper Class katapultiert, angetrieben von der Obsession eines toten Reporters. Ausgehend von dieser absurden Ausgangsposition entwickelt Allen den Plot mit Charme und Leichtigkeit, stellt dabei gekonnt gegenüber, wie sich die anfängliche Zurückhaltung Sid Watermans zu immer größerem Eifer bei der Mördersuche wendet, während Sondras Feuer abkühlt, als sie sich ins Objekt ihrer Observation verliebt.

Nach dem gehaltvollen Match Point erscheint die leichtfüßige Komödie Scoop zunächst wie eine Fingerübung für den Regisseur Woody Allen. Doch Tempo und Dialogwitz verbergen lediglich den hintergründigen Ernst des Films: Die Suche nach einem Serienmörder erfolgt weniger aus kriminalistischem Interesse, sondern um Aufregendes zu erleben. Ihre Ermittlungen ermöglichen Sondra und Sid den Ausbruch aus einem ereignislosen Dasein, führen sie dahin, wo selbst Todesgefahr nicht als Bedrohung, sondern als Würze des Lebens erscheint. Dabei lässt der spielerische Einsatz phantastischer Elemente in Verbindung mit Allens One-Linern und der Screwball-Beziehungsdynamik eine irreale Atmosphäre entstehen, wie sie nur der Kinomagier Woody Allen zu erschaffen vermag. Hinter der unwirklich scheinenden Oberfläche dieser kleinen Komödie der Verwechslungen und Missverständnisse lugt der Tod hervor, und dass auf der Fähre in die Unterwelt eine heitere Atmosphäre herrscht, muss als gewitzte Kritik an einem leeren Leben verstanden werden.