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Ein Freund von mir

Ein Freund von mir

| Jörg Schiffauer |

Ein reservierter Versicherungsmathematiker trifft auf einen impulsiven Lebenskünstler. Eine Begegnung, aus der sich eine ungewöhnliche Freundschaft entwickelt.

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Karl (Daniel Brühl) könnte mit seinem Dasein rundum zufrieden sein. In seinem Job als Versicherungsmathematiker ist er bereits mit Mitte Zwanzig äußerst erfolgreich. Doch er spürt, dass in seinem Leben, das stets kontrolliert und berechenbar abläuft, irgendetwas fehlt. Als er sich im Auftrag seines Arbeitgebers bei einer Mietwagenfirma als Fahrer einschleichen muss, um Versicherungsrisiken abzuschätzen, trifft er auf Hans (Jürgen Vogel). Der ist ein überzeugter Lebenskünstler, hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, und gibt spontan jeder noch so verrückten Idee nach. Und obwohl die beiden Männer unterschiedlicher nicht sein könnten, entwickelt sich nach und nach eine Freundschaft, und der introvertierte Karl findet immer mehr Gefallen am impulsiven, irrwitzigen Lebensstil seines Kumpels.

Das Aufeinandertreffen von gegensätzlichen Charakteren, die trotz aller Schwierigkeiten ihre Differenzen überwinden, um schließlich eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen, ist ein vielfach strapaziertes Sujet. Auf den ersten Blick scheint auch Ein Freund von mir diesem
dramaturgischen Muster zu folgen. Doch Sebastian Schipper, der bereits mit seinem Regiedebüt  Absolute Giganten, eine viel beachtete Komödie ablegen konnte, setzt glücklicherweise nicht auf platte Situationskomik mit vermeintlich sicheren, jedoch abgenutzten Pointen, welche die Begegnung zweier so gegensätzlicher Charaktere mit sich bringt. Stattdessen porträtiert der Film die Annäherung der beiden Protagonisten, die dabei nicht einfach in die jeweilige, für sie so fremde Welt des anderen hineinstürzen, sondern diese schrittweise kennen- und schließlich sogar schätzen lernen. Natürlich entstehen durch das Kontrastieren zweier völlig konträrer Lebensentwürfe auch hinreichend komische Situationen, doch entwickeln diese eine heiteren, ironischen Humor, der zur entspannten, zeitweilig sogar melancholischen Atmosphäre der Inszenierung passt.

Und nicht zuletzt tragen die beiden Hauptdarsteller entscheidend dazu bei, dass der gelassene, gänzlich unaufdringliche Grundton des Films durchgehend stimmig bleibt. Jürgen Vogel überzeugt dabei in der Rolle des sorglosen Lebenskünstlers, der sämtlichen Problemen mit einer Mischung aus naivem Charme und anarchistischer Energie zu begegnen pflegt, ebenso wie Daniel Brühl seinen Part als introvertierter Grübler, der seinem Leben schlussendlich eine neue Perspektive gibt, meistert.