Liebesdrama und subtile Sozialstudie um die Diskriminierung von indischen Witwen.

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Mit Water schließt Deepa Mehta nun ihre Elemente-Trilogie ab. Nach der Kritik an arrangierten Ehen und dem Verbot lesbischer Liebe in Fire (1996) und der Schilderung der indisch-pakistanischen Spaltung in Earth (1998) thematisiert die in Kanada lebende Inderin nun die Ausgrenzung von Witwen in Indien. Per Gesetz ist ihnen Wiederverheiratung zwar erlaubt, doch die 2000 Jahre alten heiligen Schriften des Hinduismus schließen sie vom wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben aus.
Mit ihren Filmen greift Mehta indische Tabuthemen auf. Fire rief Proteste von Konservativen, gleichzeitig aber auch Demonstrationen der offiziell in Indien nicht existierenden Lesben hervor. Noch massiver war der Widerstand gegen Water, kurz nach Beginn der Dreharbeiten wurde das Filmset von hinduistischen Fundamentalisten zerstört. Nach fünf Jahren Pause wurde der Film schließlich unter größter Geheimhaltung auf Sri Lanka neu gedreht.

Dabei erzählt Mehta nicht von der Gegenwart, sondern verlegt die Handlung in die 1930er Jahre: Erst acht Jahre alt ist Chuyia und doch schon Witwe, obwohl ihr gar nicht bewusst ist, dass sie je verheiratet war. Von ihren Eltern wird sie in ein Witwen-Ashram gesteckt. Lernt der Zuschauer im ersten Drittel mit Chuyias Augen die Frauengemeinschaft kennen, so wechselt im zweiten Teil die Perspektive. In den Mittelpunkt rückt die schöne Kalyani, die einerseits als Prostituierte für den Lebensunterhalt des Ashrams sorgen muss, andererseits aufgrund ihrer Tätigkeit aus der Gemeinschaft ausgeschlossen ist.

Genau durchleuchtet Mehta in ihrem ruhig dahin fließenden Film die strenge Hierarchie im Ashram ebenso, wie die Heuchelei der patriarchalischen Gesellschaft. Reformen und Offenheit verspricht hier nur ein Anwalt, der begeistert von den Ideen Gandhis ist und sich in Kalyani verliebt. Geschickt wird diese Liebesgeschichte mit der Sozialstudie verknüpft. Auf Bollywood-Elemente verzichtet Mehta nicht, bricht aber mit den Glücksversprechungen des Kommerzkinos. Im Widerspruch zum ernsten Thema stehen auch die farblich perfekt abgestimmten und in warmes Licht getauchten Bilder von Giles Nuttgens, doch die glatte visuelle Oberfläche verstellt nie den Blick auf die bittere Realität. Im tragischen Handlungsverlauf und in markanten Dialogzeilen bleibt diese sichtbar, sodass Water trotz  formaler Sanftheit scharfe Kritik an einer starren Gesellschaft übt, die immer noch an lebensfeindlichen Traditionen festhält.