ray Filmmagazin » Filmkritiken » Der letzte König von Schottland
Der letzte König von Schottland

Der letzte König von Schottland

| Oliver Stangl |

Ein naiver Arzt ist ob der faszinierenden Persönlichkeit Idi Amins lange für die Gräueltaten blind, die sich im Uganda der siebziger Jahre abspielen.

Werbung

Der junge Schotte Nicholas Garrigan (James McAvoy) verlässt nach Abschluss des Medizinstudiums seine als beengend empfundene Heimat – in Uganda will er Abenteuer erleben und nebenbei noch ein wenig Gutes tun. Als er den frisch an die Macht gekommenen Idi Amin (Forest Whitaker) nach einem Autounfall behandelt, macht ihn dieser zu seinem Arzt und Berater. Von der exzentrischen Persönlichkeit des Diktators und einem Leben voller Luxus geblendet, übersieht Nicholas lange den Völkermord, der sich im Land abspielt. Erst als eine der Frauen Amins, mit der Nicholas ein Verhältnis hat, brutal ermordet wird und ihn der britische Geheimdienst für sich einspannen will, entschließt er sich zur Flucht. Doch Amin will seinen „weißen Sohn“ nicht mehr gehen lassen.

Formal wirkt Kevin MacDonalds Film, der zwischen dokumentarischem Stil und rasant geschnittenem Thriller schwankt, ein wenig unausgegoren, und auch die inhaltliche Ebene weist Schwächen auf: So mag man etwa dem jungen Arzt die Naivität nicht immer abnehmen. Die Liebesgeschichte zwischen Nicholas und Amins Frau Kay hätte ebenfalls mehr Tiefe vertragen. Dass der Film dennoch fesselt, liegt vor allem an den Akteuren: Forest Whitakers furioses Spiel macht sowohl den Geltungsdrang als auch die Paranoia des ständig Verräter witternden Amin sichtbar; seine Rollengestaltung wechselt mühelos zwischen skurrilem Entertainer und brutalem Schlächter. Wenn er die psychischen Wunden des im britischen Militär aufgewachsenen Diktators offen legt, vermag man nachzuvollziehen, wie sich ein Mann mit extremen Minderwertigkeitsgefühlen in einer Machtposition verhält. Nicht nur im direkten Vergleich mit Dokumentaraufnahmen des realen Idi Amin ist dieses Charakterporträt eine eindrucksvolle Leistung.

Trotzdem das Drehbuch seine Rolle nicht immer plausibel zeichnet, vermag auch James McAvoy zu überzeugen; seine Darstellung des fiktiven Arztes, der aus nächster Nähe Zeuge historischer Ereignisse wird und lange Zeit doch nichts sieht, besticht vor allem in jenen Szenen, in denen die Figur zwischen Hingerissenheit und Angst vor dem Diktator schwebt. Einen kleinen, aber feinen Gastauftritt absolviert Gillian Anderson als Ärztin, die als skeptisches Gegenstück zu Nicholas fungiert.

Der letzte König von Schottland ist ein insgesamt packender Film, der mit etwas weniger Hollywooddramaturgie ein Meisterwerk des Politthrillers hätte werden können.