princesas film

Filmkritik

Princesas

| Bettina Schuler |

Der spanische Regisseur Fernando León de Aranoa zeichnet ein tragikomisches Porträt von zwei Prinzessinnen der Gosse.

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„Kann man Sehnsucht nach etwas haben, was man noch nie erlebt hat?“ Diese Frage stellt sich die knapp 30-jährige Caye (Candela Peña) fast jeden Tag. Ihr größter Wunsch: ein Freund, der sie täglich von der Arbeit abholt. Doch in der Realität ihres Alltags ist sie meilenweit davon entfernt. Denn wer holt schon eine Prostituierte von ihrem Freier ab? Mit ihren Kolleginnen trifft sie sich tagtäglich in dem herunter gekommmenen Friseursalon einer Freundin, wo sie sich gegenseitig ihr Leid klagen und über die ausländischen Prostituierten herziehen, die sich für einen Hungerlohn hergeben und ihnen damit die Preise verderben. Auch Caye macht die mittellosen Immigranten für ihre Misere verantwortlich, bis sie in der illegal eingereisten Zulema (Micaela Nevárez) auf eine Seelenverwandte trifft. Die auch von einem besseren Leben träumt, in das sie ein Prinz auf einem weißen Pferd entführt.

Mit Princesas zeichnet Fernando León de Aranoa ohne jedwede Form von Voyeurismus ein Porträt zweier Freundinnen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ein völlig normales Leben, ohne Freier, billige Ausflüchte und männliche Erniedrigungen. Zwei Frauen, die versuchen, sich mit ihrer selbstgestrickten Welt aus hoffnungsvollen Träumen vor der Grausamkeit ihrer Realität zu schützen, der sie wahrscheinlich nie entkommen werden, auch wenn sie es mit allen Kräften versuchen. Caye steckt all ihre Hoffnung in eine Brustvergrößerung, dank derer sie hofft, endlich den Mann ihrer Träume kennen zulernen. Wohingegen Zuelma alle Erwartungen in die Zukunft ihres Sohns steckt, für den sie als Prostituierte arbeitet, um ihm ein besseres Leben zu ermöglichen.

Voller Respekt nähert sich Aranoa seine beiden Figuren, die, wie auch in seinem Film Montags in der Sonne am unteren Rand der Gesellschaft stehen. Und deren einziger Besitz die Nähe zu Gleichgestellten ist, mit denen sie sich regelmäßig treffen, um sich gegenseitig zu bemitleiden. Nach den arbeitslosen Werftarbeitern in Montags in der Sonne und den zukunftslosen Teenagern in Barrio sind es nun die Frauen, denen der Regisseur sich widmet. Und die Aranoa durch den Respekt und das Feingefühl, mit denen er diese Frauen zeichnet, über ihre Rolle als Opfer hinauswachsen lässt und zu Prinzessinnen der Straße erhebt. Ein Gesellschaftsporträt, das dank der bissigen Ironie, mit dem die Figuren ihr Schicksal kommentieren dem Film trotz der Schwere des Themas eine bitter-komische Seite verleiht, die ihresgleichen sucht.