ray Filmmagazin » Dokumentarfilm » Die Hochstapler

Die Hochstapler

| Ralph Umard |

Vier verurteilte Hochstapler berichten freimütig über ihre Betrügereien und Beweggründe, ihre Sozialisation und die Verarbeitung von Schuldgefühlen.

Werbung

Man glaubt es kaum: Mehrere Millionen kassierte der Betrüger von einem gestandenen Manager – für eine Reise zum Mond! Rund 600 Millionen knöpfte der Hochstapler, der als Legastheniker eine Sonderschule besucht hatte, solventen Geschäftsleuten ab. Zumeist durch Verkauf von Gewinnbeteiligungen an einem Vermögen, dass es gar nicht gab. Damit finanzierte er ein Leben in Saus und Braus, inklusive Privatjet.

Doch die Jagd nach dem Mammon ist nicht der einzige Antrieb zur Hochstapelei. Geltungsdrang und das erhebende Gefühl, Macht über andere zu besitzen, sind ebenso starke Motive. „Ich kam mir vor wie der Größte, der King“, sagt einer der vier professionellen Schwindler. Es gelang dem Dokumentarfilmer Alexander Adolph, das Vertrauen der mittlerweile verurteilten Männer zu gewinnen. Er konnte ihre Akten einsehen, die Täter jeweils mehre Tage lang befragen, lässt aber auch Anwälte, Angehörige und Opfer zu Wort kommen. Aus den Interviews destillierte er ein hochinteressantes, mitunter komisches, nie spekulativ wirkendes Psychogramm – nicht nur der Gauner, sondern indirekt auch der Gesellschaft, die sie mit ihrem Statusdenken und primär materiellen Wertvorstellungen geprägt hatte. Erstaunlich offen plaudern die Hochstapler über ihre manipulativen Machenschaften, manchmal schwingt Stolz in ihrer Stimme mit.

Wie der Hauptmann von Köpenick trat ein Möchtegern in Uniform forsch als US-Major auf und versetzte eine ostdeutsche Kleinstadt in Aufregung, als er vorgab, eine Nato-Sicherheitskonferenz organisieren zu wollen. Anderswo verschaffte er sich als Diplomat mit gefälschten Papieren Respekt: ein notorischer Schauspieler von Natur aus, der von seinen wahnwitzigen Auftritten pointiert wie ein Kabarettist erzählt.

Drei der Männer haben eine an Demütigungen und Prügeln reiche Kindheit hinter sich, doch ausgerechnet ein brav im kleinbürgerlichen Elternhaus aufgewachsener ehemaliger Textilkaufmann, der als verlogener Vermögensberater ohne Skrupel Menschen ruinierte, ist der perfideste im Hochstapler-Quartett. Die anderen wirken nicht so unsympathisch, weisen sie doch, wenn auch mit krimineller Konsequenz, allzu menschliche Eigenschaften auf: Reichtum und Ansehen erstreben die meisten Leute, Lug, Tücke und Täuschung sind in der Wirtschaft oder Politik an der Tagesordnung, und viele Menschen machen bei ihrer Selbstdarstellung nicht nur anderen, sondern sogar sich selbst etwas vor.