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Fashion Victims – Reine Geschmacksache

| Lina Dinkla |

Ein satirischer Blick auf deutsche Kleinbürgerlichkeit zwischen Pullundern und Plastikflamingos.

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Als Wolfgang Zenker zum wiederholten Male ohne Führerschein am Steuer erwischt wird, kann sich Sohn Karsten seine Sprachferien in Spanien ganz schnell abschminken. Denn Wolfi – Vertreter für Damenmode in der Provinz – verdonnert ihn zum Chauffeur, ohne Auto kann er seinen Job nun mal nicht machen. Karsten, alles andere als erfreut über diesen unfreiwilligen Ferienjob, fügt sich missgelaunt seinem Schicksal und kutschiert den selbstüberzeugten Möchtegern-Patriarchen nun zu den Boutiquen und Modehäusern der Region, um die Frühjahrskollektion von Goldberger Classic unters Volk zu bringen. Die seit Jahren routiniert zelebrierte Verkaufstaktik wird plötzlich durchkreuzt von Steven Brookmöller, der als Vertreterkollege Wolfis Kunden abzuwerben droht. Wolfi, nach einem kurzen Schreck wieder ganz gewiefter Geschäftsmann, bereitet sich zum Gegenangriff vor, der, wie solte es anders sein, zum Scheitern verurteilt ist. Im Hause Zenker hängt der Haussegen zudem auch seit längerem schief, hat Mama Erika doch die selbstgefällige Eigenbrötlerei ihres Mannes satt und lässt sich von Freundin Brigitta zur Emanzipation anstacheln.

Was nach unerträglicher Schenkelklopf-Albernheit Made in Germany klingt – und die deutsche Komödie ist ja nun wirklich oftmals ein Widerspruch in sich – ist gar nicht so peinlich, wie man befürchten möchte. Allen voran macht die gut aufgelegte, hervorragend agierende Darstellerriege den Film zu einer richtig schönen Sommerkomödie. Edgar Selge als nicht ernst zu nehmender Hausvorstand bringt durch die Parodierung seines Rollenklischees allein so viel Witz ins Spiel, dass der Film schon gewonnen hat. Und Ingo Rasper beweist zudem ein Händchen für die allerwichtigsten Zutaten einer erfolgreichen Komödie: Erzähltempo und Timing sitzen perfekt.

Sicher, es ist nicht schwer, die Kleinbürgerlichkeit der deutschen Provinz ins Zentrum des Gelächters zu stellen, aber fast unerklärlicherweise rutscht die Tonart niemals ab in ein gehässiges Spotten, obwohl sämtliche Requisiten die besten Steilvorlagen der Welt böten. Doch von den Plas­tikflamingos am Gartenteich, den kackbraunen Badezimmerfliesen bis zum gestreiften Pullunder: all diese Dinge haben ihre Berechtigung. Rasper macht es sich eben nicht so leicht, von oben herab über die Armseligkeit der Provinz zu lästern, sondern ihm gelingt es, die trotz aller Ironie sehr liebevolle Stimmung einer typischen skandinavischen Komödie ins Deutsche zu übersetzen.