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30 Days of Night

30 Days of Night

| Alexandra Zawia |

Eine Horde Vampire fällt in der nördlichsten Stadt Alaskas ein, die im Winter einen Monat lang in absoluter Dunkelheit liegt.

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Töten und Fressen, sonst nichts. Die Mission der Vampire in 30 Days Of Night und die Hingabe, mit der Regisseur David Slade ihren blutigen Weg verfolgt, wirken in ihrer reduzierten Ausrichtung auf das Splatter-Wesentliche wie ein wütender Befreiungsschlag von unnötigem Kontext-Ballast. Was er damit freilegen wollte, bleibt allerdings ein Rätsel. Klar zutage tritt nur eine extreme Aggression, die vor allem durch fehlende Kausalität schockiert – und gerade deswegen nicht im Gedächtnis bleibt. 30 Days Of Night, ursprünglich eine Horror-Comic-Miniserie, die Autor Steve Niles und Zeichner Brian Templesmith 2002 den Durchbruch bescherte, spielt in Barrow, Alaska. Dort herrscht alljährlich einen Monat lang absolute Dunkelheit, die die Bewohner in spärlichem Kunstlicht absitzen – und die eines Tages eine Horde Vampire anlockt.  Der resultierende Überlebenskampf, in dessen Verlauf sich Josh Hartnett als örtlicher Sheriff mit einer Gruppe Überlebender in einem Haus verschanzen muss, offeriert psychologisches Spannungspotenzial – das Regisseur Slade völlig ungenutzt lässt. Lieber negiert er gängige Genre-Interpretationen: Slades Vampire sind keine romantisch inszenierten Verführer, die ihre Opfer gekonnt umgarnen und dann lustvoll töten. Sie sind hässliche, entfremdete Geschöpfe, die sich, animalisch degeneriert, nur durch Laute verständigen und die in ihrer unbändigen Aggression regelrecht handlungsunfrei sind. Doch auch diesen – potenziell sozialkritischen – Ansatz baut die Inszenierung nicht aus. Während 30 Days Of Night auf der Bildebene gut funktioniert  – gerade, diagonale Linien und fein nuancierte Grauschattierungen kreieren die Atmosphäre von finsterer Nacht, Kälte und Isolation – bleibt die Handlungs- und Zeitebene flach und eindimensional. Ohne Vorgeschichte auf beiden Seiten sind die Figuren zu keinem Zeitpunkt in ihrer Situation fundiert. Nie ist die Belastung des 30 Tage dauernden Überlebenskampfes spürbar. Nichts passiert hier, was nicht auch in einer einzigen Nacht passieren könnte.

David Slade, der seine Karriere als Regisseur von Videoclips begann, ist mit 30 Days Of Night visuell am stärksten und gleichzeitig dramaturgisch am schwächsten, wenn er sich der grafischen Erzählstrategie eines Comics bedient: Für Augenblicke hält die Kamera inne und friert das Bild in einen Rahmen. Nur durch das Objektiv, das die vorhergehende und darauffolgende Szene einfängt, entsteht Kontinuität. Doch das allein macht eben noch keine Geschichte.