ray Filmmagazin » Dokumentarfilm » Heimatklänge

Heimatklänge

| Bettina Schuler |

Porträt dreier Musiker, die es verstehen, dem Jodeln neue Facetten abzugewinnen.

Werbung

Die Portugiesen haben den Fado, die Deutschen und Österreicher ihren Musikantenstadl und die Amerikaner Elvis. Doch was ist eigentlich der Klang der Schweiz? Diese Frage stellte sich der Schweizer Musiker Christian Zehnder und besann sich auf die älteste akustische Ausdrucksform seines Landes: dem Jodeln. Dass diese alpenländische Form der Volksmusik weitaus mehr kann, als Hallen mit Dirndl tragenden Rentnerinnen zu fühlen, zeigte kürzlich die No Doubt-Sängerin Gwen Stefani mit „Wind It Up“, in dem sie zu Klangcollagen aus The Sound Of Music voller Inbrunst jodelte. Sie bewies damit, dass der urige Sound weitaus moderner und Popmusik-tauglicher ist, als man vermuten würde. Ein ähnliches Anliegen scheint auch den Dokumentaristen Stefan Schwietert zu Heimatklänge motiviert zu haben. Nachdem der versierte Musikfilm-Regisseur in seinen beiden letzten Film das Akkordeon und das Alphorn von ihrem volkstümlichen Klischee befreite, versucht er nun, das Jodeln aus seiner konservativen Volksmusikecke zu holen. Im Zentrum seines  Filmes stehen dabei drei Vertreter dieser avantgardistischen Jodelmusik-Richtung: die extrovertierte Erika Stucky, der in sich ruhende Noldi Alder und der aufgeschlossene Christian Zehnder.

Drei Musiker, die auf ihre ganz eigene Art das Jodeln für sich neu entdeckt und interpretiert haben. Die gebürtige US-Amerikanerin Stucky, eine ausgebildete Jazzsängerin, die als Kind von einer Karriere als Hoolahoop-Tänzerin träumte, nutzt das Jodeln, um einen musikalischen Bogen zwischen ihren schweizerischen Wurzeln und ihrer musikalischen Sozialisation in den USA zu spannen. Wohingegen der zurückhaltende Noldi Alder sich zunächst von seiner Familie, der legendären Alder-Volksmusikdynastie und von deren klassisch-konservativen Form des Jodelns befreien musste, um die Möglichkeiten dieser Vokalkunst für sich neu zu entdecken. Und Christian Zehnder, der aus seiner Kehle Töne hervorbringt, von denen man gar nicht wusste, dass sie existieren. Anhand von alten Familienfilmen, Mitschnitten von Auftritten und Interviews mit Angehörigen schildert Schwietert den musikalischen Werdegang der Künstler. Gleichzeitig gelingt es ihm durch Bilder schneeumhüllter Berge und Schweizer Riten, die eng mit dem Jodeln verknüpft sind, den mythischen und melancholischen Charakter dieser Musik zu visualisieren. Ein wunderschöner, unglaublich beeindruckender Film voller neuer musikalischer Eindrücke.