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The Astronaut Farmer

The Astronaut Farmer

| Walter Gasperi |

Ein texanischer Rancher träumt davon, mit einer selbst gebastelten Rakete einmal um die Erde zu fliegen. Ein herrlich skurriles Märchen über die Kraft von Träumen…

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Irgendwie seltsam wirkt der Mann, der im Halbdunkel des Morgengrauens am Horizont über die weite Landschaft reitet. Wenn die Kamera dann in einer Nahaufnahme zeigt, wie er einen Fuß in den Sand setzt, erinnert das an Astronauten, die den Mond betreten. Und noch überraschender ist die folgende Einstellung, in der man ihn tatsächlich in einem Weltraumanzug ein Kalb einfangen sieht. Western und Raumfahrt gehen in dieser Eröffnungssequenz, wie schon in Philip Kaufmans The Right Stuff (1983), in dem Sam Shepherd als Chuck Yeager vom Pferd in einen Düsenjet steigt, bruchlos ineinander über.

Wenig später wird dieser Charles Farmer in seinem Weltraumanzug in der Volksschule seiner Tochter über die Raumfahrt referieren, und die Lehrerin wird sich bei ihm dafür bedanken, dass er sich getraut habe, kostümiert vor die Schüler zu treten. Obwohl Charles sich der Lehrerin gegen-über kaum etwas anmerken lässt, spürt man, dass ihn diese Bemerkung kränkt: Der Weltraumanzug ist für ihn nämlich kein Kostüm, sondern Teil der Realisierung seines großen Lebenstraums. So bastelt er in seiner Scheune, trotz Geldnot, bedingungslos unterstützt von seiner Frau und seinen drei Kindern, geduldig an einer Rakete, bis die NASA davon Wind bekommt. Dass Privatpersonen selbstständig ins All fliegen, kommt für die Behörde nämlich nicht in Frage. Aber so leicht lässt sich Charles Farmer von seinem Traum nicht abbringen.

Mit größter Selbstverständlichkeit erzählen die Brüder Michael und Mark Polish diese wunderbar verschrobene Geschichte und werden dabei vom trockenen Spiel Billy Bob Thorntons – eine Idealbesetzung – vortrefflich unterstützt. Durch den liebevollen Blick auf den ebenso idealistischen wie naiven Protagonisten und die Konsequenz, mit der sich die Filmemacher hinter seinen Traum stellen, wird The Astronaut Farmer nicht nur zu einem entschiedenen Plädoyer für die Unabhängigkeit des Individuums und einer sanft-satirischen Abrechnung mit den (amerikanischen) Behörden, sondern feiert auch leidenschaftlich die Kraft von Träumen. Nie gibt die Inszenierung dabei vor, eine realistische Geschichte zu erzählen, sondern sie stellt den Märchencharakter sogar offen zur Schau. In geradezu surreal warmem Licht und in hellen Farben beschwört sie eine heile Welt und erzählt mit so entwaffnendem Optimismus, dass man gar nicht umhin kommt, Farmer mit der gleichen Leidenschaft die Verwirklichung seines Traums zu wünschen wie die Bürger seiner Kleinstadt.