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Weltrevolution

| Sebastian Hofer |

Befreiungsakte und andere Schweinereien: die Geschichte von Stefan Webers Drahdiwaberl.

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Die Weltrevolution beginnt, wie könnte es auch anders sein, mit einem Mulatschag; Rudelpudern, Heavy Metal und gesellige Saubartelei inklusive. Stefan Weber, Jahrgang 1947, Rockrevoluzzer, Gutmensch und Bastellehrer (sowie, nur nebenbei, einer der größten Cineasten Wiens), weiß eben, wie die Welt zu verändern ist. Oder zumindest halbwegs zu ertragen, und sei es nur für die Dauer eines Drahdiwaberl-Konzerts. Ohne gröberen Anlass (das 40-jährige Bandjubiläum wird erst im nächsten Jahr begangen) erzählt Klaus Hundsbichler in seinem famosen Dokufictionlustspiel (Genretreue ist nicht die Stärke dieses Films) die Geschichte der vielleicht begnadetsten, ganz sicher aber lustvollsten Band des Landes, und er erzählt sie mit leichter Hand, viel Witz und großem Einsatz.

Hunderte Stunden Archivmaterial wurden gesichtet, dutzende Zeitzeugen interviewt, insgesamt acht Jahre lang gearbeitet, unzählige Förderabsagen hingenommen – und trotzdem weitergemacht. So, wie auch Stefan Weber immer weiter macht, trotz allem. Schließlich geht es ums Ganze: um die Weltrevolution. Es ist Hundsbichler hoch anzurechnen, der Versuchung widerstanden zu haben, der Drahdiwaberl’schen Überdrehtheit einen entsprechend überdrehten Film gegenüberzustellen. Abgesehen von einer (nicht immer ganz realistischen) Rahmenhandlung, die Stefan Weber bei typischen Alltagsverrichtungen zeigt (beim Morgensex mit seinem geliebten Haushuhn zum Beispiel), bleibt Weltrevolution vergleichsweise seriös. Archivbilder, Konzertmitschnitte und Interviewpartner (Drahdiwaberl-Protagonisten wie Silvia „Süvaal“ Glauder oder die Brüder Rabitsch, aber auch ehemalige Weber-Schüler wie Walter Gröbchen und Andreas Vitásek) erzählen die Band-, und damit auch ein Stück österreichische Zeitgeschichte, das von den Umbrüchen der Siebziger Jahre über die Waldheim-Affäre bis zu den Tortenschlachten der Wendejahre reicht.

Was dabei auch klar wird: Drahdiwaberl, die sich aus tiefster Überzeugung stets an der politischen Tagesordnung entlang provoziert haben, bleiben – bei aller Einzigartigkeit – letztlich doch zutiefst österreichisch: Revolution wird da nicht als bierernste Angelegenheit, sondern als künstlerischer, durchaus auch spaßbetonter Befreiungsakt verstanden. Und was ein Akt ist, das wissen Drahdiwaberl nur zu genau.