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Dialog mit meinem Gärtner

Filmkritik

Dialog mit meinem Gärtner

| Walter Gasperi |

Ein Maler kehrt aus Paris in sein Heimatdorf zurück, wo er einen ehemaligen Schulkollegen als Gärtner für sein Landhaus engagiert.

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Der Titel macht es schon klar: Hier wird in erster Linie geredet. Die Regie hält sich folglich zurück, überlässt den Raum ganz den Schauspielern. Auf der einen Seite ist das Daniel Auteuil als Maler mittleren Alters, der nach der Schulzeit das Heimatdorf verlassen hat, auf der anderen Jean-Pierre Darroussin als pensionierter Eisenbahner und leidenschaftlicher Gärtner, der mit Kunst nicht viel anzufangen weiß und Delacroixs Die Freiheit führt das Volk an nur vom 100-Franc-Schein kennt, dafür im Gegensatz zum Maler aber liebevoll an Frau und Kinder denkt. Obwohl die beiden – Namen bekommen sie nie, nennen sich „von Gärtner“ und „von Pinsel“ – nur die schon rund 40 Jahre zurückliegende Schulzeit verbindet, sonst aber alles trennt, ist nicht Konfrontation, sondern Sanftmut angesagt. Im Gegensatz zu einem echten Buddie-Movie reiben sie sich nicht aneinander, sondern befruchten sich gegenseitig.

Rein äußerlich passiert nicht viel. Wie aber Jean Becker die beiden Lebensentwürfe aufeinander treffen lässt, wie er den egozentrischen Intellektuellen unter dem Einfluss des einfachen Mannes, der anscheinend die wirklich wichtigen Dinge im Leben gefunden hat, sich wandeln und für andere Menschen öffnen lässt, das ist nicht nur hinreißend gespielt, sondern auch mit viel Wärme und Altersweisheit inszeniert. Dabei wird nicht über große Themen diskutiert, sondern der Maler wird von seinem theoretischen Gerede geradezu auf den Boden der Menschlichkeit herab geholt. Alltags- oder auch Gartenphilosophie wird geboten, banal und konservativ mag das Plädoyer für Herz statt Hirn, für Familie statt Karriere sein, zu bewegen vermag Dialog mit meinem Gärtner dennoch.

Denn die Inszenierung wirkt nie verkrampft, sondern federleicht und ist trotz der Dialoglastigkeit auch durch die visuelle Auflösung geprägt. Die konträren Einstellungen der Protagonisten kommen zwar in den Gesprächen zum Ausdruck, die konkret daraus resultierenden Lebensstile werden aber durch die Bildebene vermittelt. Entscheidende Bedeutung bekommt dabei die sommerliche Atmosphäre, die durch das warme Licht und die sanften Farbtöne der ländlichen Region, aber auch durch die Tonspur mit Naturgeräuschen, wie etwa Vogelgezwitscher evoziert wird. Auf Filmmusik aus dem Off wird dagegen verzichtet, nur der Gefangenenchor aus Nabucco und das Klarinettenkonzert von Mozart, die im Radio gespielt werden, sorgen in diesem wunderbar runden, ebenso sanften wie menschlichen Film für kleine, aber starke Akzente.