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Fleisch ist mein Gemüse

| Bettina Schuler |

Die filmische Adaption des Bestsellers erreicht nicht die Qualitäten der literarischen Vorlage.

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Ein Gesicht voller Akne, eine psychisch gestörte Mutter und keine Freundin in Sicht: Schlimmer kann man sich eine Jugend auf dem Lande nicht vorstellen. Es sei denn, man heißt Heinz Strunk und ist Mitglied bei der Tanzcombo Tiffanys und muss, während man in rosa Glitzeranzügen auf spießigen Hochzeiten spielt, literweise Bier in sich kippen, um die schlechten Sprüche des Bandleaders Gurki und die Tristesse dieses Abends überhaupt ertragen zu können. Der einzige Ausweg, den der schüchterne Heinz aus diesem Grauen sieht, ist, selbst eine Karriere als Musik-Produzent zu starten. Doch dafür muss er aber erstmal eine Sängerin finden, was gar nicht so einfach ist.

Seiner Liebe zum Fleisch hat die Hamburg-Legende Heinz Strunk schon vor Jahren mit der Show Fleischmann TV ein Denkmal gesetzt, in der er als fettleibige Cartoonfigur im weißen Feinripphemd genervt die Anrufe von VIVA-Zuschauern beantwortete. Dem Gründungsmitglied des Comedy-Trios Studio Braun, zu dem auch die Musiker Rocko Schamoni und Jaques Palminger gehören, ist es erst mit seinem autobiografisch angehauchten Roman Fleisch ist mein Gemüse gelungen, ein Publikum außerhalb des Independentsegments zu erreichen. Mit seiner lakonisch-ironischen Art gelingt es Heinz Strunk in seinem Buch nicht nur die Achtziger Jahre zu porträtieren, sondern auch ein Bild von den Grauen und Qualen der Pubertät zu zeichnen, unter denen scheinbar insbesondere Burschen zu leiden haben. Die einzige Fluchtmöglichkeit ist und bleibt, zumindest für Heinz Strunk, die Musik. Sie schwebt in seinem Buch über der Erzählung, als Kommentator, Handlungsantreiber, Retter in der Not. Ein Kniff, den sich auch Regisseur Christian
Görlitz für die Verfilmung des Bestsellers zu Eigen macht, was jedoch leider nur bedingt funktioniert. So wollen die Songtitel, die Görlitz als kleine Zwischentitel einblendet, in manchen Momenten zu bemüht den Bezug zur Handlung herstellen. Auch die Hits, welche die Tiffanys bei ihren Auftritten zum Besten geben, versprühen häufig mehr den Charme einer Retro-, denn einer echten Achtziger-Jahre-Band. Was der Inszenierung allerdings dank eines hervorragenden Schauspielerensembles bestens gelingt, ist die Langeweile und Orientierungslosigkeit einzufangen, die man in der Jugend verspürt. Und die, gepaart mit einer unglaublichen Unbeholfenheit gegenüber dem anderen Geschlecht, ein Martyrium sondergleichen für jeden Teen und sogar Twen darstellt.