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Wiedersehen mit Brideshead / Brideshead Revisited 
Matthew Goode als Charles Ryder, Hayley Atwell als Julia Flyte, Ben Whishaw als Sebastian Flyte.

Filmkritik

Wiedersehen mit Brideshead

| Thomas Abeltshauser |

Die Verfilmung des Bestsellers von Evelyn Waugh erweist sich als ebenso opulentes wie geschmackvoll gediegenes Ausstattungskino.

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Wahrlich imposant steht es da, das Anwesen Brideshead, und bereits beim ersten Anblick, wenn der Bürgersohn Charles Ryder (Matthew Goode) staunend durch die Säle geht, ahnt man, dass es mit steinerner Schönheit und schierer Größe das Leben seiner Bewohner erdrückt, ihr Denken und Sein dominiert. Mit seinem neuen Freund, dem adligen Sebastian (Ben Wishaw) kam er hierher, auf dessen Familiensitz. Noch ist Charles eher neugierig und ein wenig unbedarft, fühlt sich seltsam hingezogen zu dem dekadent-depressiven Jüngling, doch bald erkennt er das Glück dieser Fügung und entwickelt sich zum aalglatten Emporkömmling. 1923, an der Elite-universität Oxford, hat Sebastian gleich ein Auge auf den smarten Nachwuchsmaler geworfen und führt ihn in seine Clique aus Künstlern und Dandys ein. Es entwickelt sich eine „romantische Männerfreundschaft“, die trotz Sebastians Avancen platonisch bleibt. Schnell lernt Charles, sich sicher in den besseren Kreisen der britischen Gesellschaft zu bewegen. Als er sich in Sebastians Schwester Julia verliebt, ist das nicht nur ein Affront gegen die Gefühle des schwächlichen, langsam dem Alkohol verfallenden Intimus, sondern auch gegen die rigiden Moralvorstellungen von dessen Mutter, der erzkatholischen Lady Marchmain (Emma Thompson). Es kommt zum Zerwürfnis und doch kreuzen sich über die Jahre die Wege der drei Liebenden immer wieder, in Marokko, auf einem Luxusdampfer und immer wieder in Brideshead.

Brideshead Revisited basiert auf Evelyn Waughs gleichnamigen Roman, der 1945 erschienen ist und vor allem in der englischsprachigen Welt als Meisterwerk gilt. Bereits 1981 breitete eine elf-teilige Fernsehfassung mit epischem Atem Waughs Requiem der untergehenden Aristokratie zwischen den beiden Weltkriegen aus, ein gut zweistündiger Kinofilm kann da nur Ausschnitte liefern. Und das ist auch die Schwäche der ansonsten geradezu makellos geschmackvollen Adaption: Es bleibt letztlich ein reines Ausstattungsstück, ohne eine eigene Stimme zu finden. Julian Jarrolds Film ist damit in vielerlei Hinsicht das britische Äquivalent zu Heinrich Breloers Thomas Mann-Verfilmung Die Buddenbrooks. Wie diese basiert es auf einer Vorlage, die als nationales Kulturgut gilt. Wie diese handelt sie vom Untergang einer ehemals einflussreichen und wohlhabenden Familie und erstarrt in eskapistischer Nostalgie. Schön anzusehen, aber letztlich so morbide wie das Anwesen, in dem es spielt.