Religulous

| Bettina Schuler |

Talkshow-Moderator und Comedian Bill Maher hinterfragt mit gewohntem Biss religiöse Kuriositäten.

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Nein, wir befinden uns nicht in einem neuen Disneyland, sondern in einem US-amerikanischen Vergnügungspark für Religionsfanatiker, in dem tagtäglich die Kreuzigung und Auferstehung von Jesus zum Besten gegeben wird und sich fundamentalistische Christen aus aller Welt  an einem blutrünstigen Spektakel ergötzen können. Dieser mehr als skurrile Wallfahrtsort, an dem sich gläubige Rentner mit einem beseelten Lächeln auf dem Gesicht von einem Jahrmarkt-Jesus Autogramme geben lassen, ist nur einer von vielen Orten, mit dem Larry Charles in seinem Film dem Zuschauer die naiven Seiten von Religion verdeutlichen will. Dass er sie für absolut lächerlich hält, darauf verweist schon das Wortspiel im Titel, der eine Mischung aus „Religion“ und „ridiculous“ ist. Denn welcher intelligente Mensch kann denn bitteschön an die unbefleckte Empfängnis glauben?

Zusammen mit dem Late Night-Talker Bill Maher, selbst bekennender Atheist, bereist der Borat-Regisseur für seinen neuesten Film die halbe Welt: Besucht in Amsterdam einen verstrahlten Kiffer, der für die religiöse Erleuchtung durch Cannabis eintritt, trifft eine lateinamerikanische Jesus-Reinkarnation, die sich mit ihren Auftritten vor willenlosen Christen dumm und dusselig verdient. Und lernt auf dem Petersplatz in Rom einen aufrichtigen Vertreter der katholischen Kirche kennen, der fast alles, was in der Bibel steht, für Humbug hält. Indem Charles diese Interviews mit bekennenden Gläubigen jedweder Religion in bester Michael Moore-Manier mit Spielfilmszenen mischt, gelingt es ihm, deren Glaubensaussagen in ein absolut lächerliches Bild zu rücken und die Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Untertitel, die bei Charles als eine zweite Ebene funktionieren, auf der die Aussagen des Interview-partners bitterböse kommentiert werden. Das ist polemisch und offenbart doch mehr Wahrheit als manch eine akribisch durchgeführte dokumentarische Arbeit, da durch diese Kontrastierung die Phrasenhaftigkeit und Naivität manch eines Glaubensbekenntnisses sehr deutlich offen gelegt wird. Doch noch viel spannender als dieser filmische Kniff ist die Gerissenheit, mit der Bill Maher seine Interviews führt. Seine Devise: den Gesprächspartner mit Witz und Charme umgarnen und ihn in Sicherheit wiegen, um ihn dann hinterrücks mit heimtückischen Fragen zu überfallen, vor denen es kein Entrinnen gibt. Urkomisch und wunderbar politisch unkorrekt!