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Filmkritik

Julie & Julia

| Alexandra Seitz |

Von Kochlöffel schwingenden Ehefrauen, Topfguckern und weiteren Gelüsten.

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„Nach zwei wahren Geschichten“ lautet der Untertitel von Nora Ephrons Julie & Julia und diese beiden wahren Geschichten sind: Julia Childs in Zusammenarbeit mit Alex Prud’homme entstandene Autobiografie My Life in France, sowie Julie Powells Bestseller-Erlebnisbericht Julie and Julia: 365 Days, 524 Recipes, 1 Tiny Apartment Kitchen.

Julia Child nämlich – falls das jemand nicht weiß, weil er mit Miracoli, Fischstäbchen und Käsebroten auch ganz gut über die Runden kommt – veröffentlichte 1961 in den USA das legendäre Kochbuch Mastering the Art of French Cooking und wurde mit dieser kulturellen Transferleistung, die sie ab 1963 in ihrer TV-Sendung The French Chef vertiefte, zur Legende; ihre Küche gehört zur Sammlung der Smithsonian Institution. Julie Powell wiederum suchte im Jahr 2002 – ähnlich wie Julia, als sie in den Fünfzigern mit ihrem Diplomatengatten in Paris lebte – nach einer Aufgabe, die ihrem Leben einen Sinn verleihen sollte. Was lag näher, als innerhalb eines Jahres alle Rezepte in Childs Kochbuch-Meilenstein nachzukochen und währenddessen darüber zu bloggen?

Die Sache wurde ein Riesenerfolg, erregte die Aufmerksamkeit Hollywoods – und nun haben wir die Bescherung in Gestalt dieses etwas unebenen, aus dem Gleichgewicht geratenen Films, der vom Essen und vom Lebensgenuss, von der Ehe und von der Selbstfindung handelt, auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen und in zwei verschiedenen Lebensräumen.

Julia Child (die 2004 91-jährig starb) und Julie Powell haben sich weder je persönlich getroffen noch irgendwie miteinander kommuniziert. Doch Child war für Powell eine Quelle der Inspiration, und die Macht zu inspirieren ebenso wie die Bereitschaft, sich inspirieren zu lassen, hält Julie & Julia letztlich zusammen. Das heißt, genauer gesagt, ist es Meryl Streep in der Rolle der Inspirationsquelle, die die ganze Sache zusammenhält. Denn Julia Child fiel nicht nur aufgrund ihrer stattlichen Größe von 1,88 Metern auf, sondern auch wegen ihrer raumgreifenden Bewegungen, einer sehr speziellen Diktion und einer unwiderstehlich charmanten Mischung aus würdevoller Haltung und geradezu kindlicher Unbefangenheit. Streep hat an der Verkörperung dieser extravaganten Dame sichtlich großes Vergnügen. Dergestalt, dass man sich schon bald wünscht, Ephron hätte einen Film ausschließlich über Julia gedreht. Und deren Mann Paul selbstverständlich. Denn zum guten Essen gehört guter Sex.