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Das Gesetz der Rache

| Holger Römers |

Das Justizsystem versagt, und wieder einmal sieht ein Mann rot.

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Es gibt in Law Abiding Citizen kurze Momente, in denen uns dieser Selbstjustiz-Thriller weismachen will, dass er ein komplexes moralisches Dilemma berührt: ob nämlich Schwerstverbrechern Strafminderung für ihre Aussagebereitschaft angeboten werden sollte, falls die dünne Beweislage sonst einen Freispruch befürchten ließe. Wenn dieses Thema den Filmemachern tatsächlich ernst wäre, hätte Drehbuchautor Kurt Wimmer sich freilich mehr Mühe gegeben, zu erklären, wie der Protagonist, Staatsanwalt Nick Rice (Jamie Foxx), überhaupt in so ein Dilemma geraten konnte. Stattdessen müssen vage Andeutungen über das Versagen des forensischen Labors als Erklärung dafür herhalten, dass ein zweifacher Mörder eine kurze Haftstrafe heraushandeln kann – obwohl die Bluttat vom Ehemann und Vater der Opfer, Clyde Shelton (Gerard Butler), mitangesehen wurde. Bezeichnenderweise malt uns das Drehbuch aber umso detaillierter aus, wie Shelton den schmierigen Dreckskerl zehn Jahre später zu Tode foltert, sodass die Episode obszöner Folter-Pornografie gleich einmal abgehandelt wird, selbst wenn Regisseur F. Gary Gray uns den Anblick der eigentlichen Prozedur erspart.

Kurz darauf sitzt Shelton selbst im Gefängnis – was ihn aber nicht davon abhält, seinen spektakulären Rachefeldzug gegen die Justizbehörden und schließlich, ganz allgemein, auf die Stadtoberen von Philadelphia auszuweiten. Die Frage, wie er aus seiner Zelle heraus entsprechende Attentate realisieren kann, wird als großes Rätsel inszeniert – weshalb die Auflös-ung eine umso größere Zumutung darstellt.

Die von trübem Blau und Grau dominierten Bilder von Kameramann Jonathan Sela greifen unterdessen Motive aus Serienkiller-Filmen, vor allem aus The Silence of the Lambs und Se7en, auf, weil offenbar alle Beteiligten meinten, dass von Shelton eine ähnlich makabere Faszination ausgehen könnte wie von den Killerfiguren jener Filme. Gerard Butler chargiert auch munter drauflos, aber sein eifriges Bemühen um diabolisches Charisma führt nur die ursprüngliche Motivation seiner Figur ad absurdum. So bleibt natürlich kein Raum für eine Entwicklung des Protagonisten: Staatsanwalt Rice könnte eine vielschichtige Figur abgeben, denn er ist zwar ein Karrierist, aber seine opportunistischen Kompromisse lassen sich durchaus überzeugend als Pragmatismus rationalisieren. Doch angesichts des ihn umgebenden Unfugs kann – oder will – Jamie Foxx solche Nuancen verständlicherweise nicht im Alleingang herausarbeiten.