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Soul Kitchen

| Roman Scheiber |

Fatih Akins Gastrokomödie besticht weniger durch ihre Rezeptur als durch ihr Personal.

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Er hat ein so großes Herz, dieser Zinos (Adam Bousdoukos), es ist fast schon zu groß für die harte Wirklichkeit der Hamburger Gastronomieszene. Dafür, dass er von Bootsbauer Sokrates (Demir Gökgöl) keine Miete verlangt, lässt er sich von diesem beleidigen. Seinem messerwerfenden Koch Shayn (Birol Ünel) hält er die Stange, obwohl die Gäste schimpfend ihre frittierten Calamari von früher zurückverlangen. Und er hilft seinem inhaftierten Bruder Illias (Moritz Bleibtreu), wenn dem seine Bewährungsauflagen zu blöd werden.

Zinos und das Stammpersonal seiner Soul Kitchen in einer ehemaligen Fabrikhalle im Elbinsel-Vorort Wilhelmsburg schickt Fatih Akin durch eine fast schon klassisch turbulente Lustspielhandlung, nicht ohne sich vorher reichlich Zeit zu nehmen, die Figuren einzuführen: Neben den erwähnten und anderen ist da Zinos’ gutbürgerliche Freundin Nadine (Pheline Roggan), die zu Beginn als Korrespondentin nach Shanghai geht und fortan nur noch via Skype erreichbar ist. Da ist die herbe Tresenschönheit Lucia (Debütantin Anna Bederke), der Illias den Hof zu machen sich zusehends berufen erachtet. Und da ist die Physiotherapeutin Anna (Dorka Gryllus), die sich um Zinos’ Bandscheibenvorfall kümmert, dessen Slapstickfolgen Akin weidlich für seinen Film nutzt.

Führt man sich Fatih Akins gemessen inszeniertes Drama Auf der anderen Seite (2007) vor Augen, überrascht der wackelige, mitunter auch flapsige Stil von Soul Kitchen. Eher als an einen „frechen, schmutzigen Heimatfilm“ (Producer’s Note) fühlt man sich an die Kungfu-Komödie Kebab Connection (2005) erinnert, für die Akin das Drehbuch schrieb und die ebenfalls in Hamburg spielt — wenngleich deutlich temporeicher. Ein wenig in Fahrt kommt Soul Kitchen, als der schwindlige Immobilienmakler Thomas (Wotan Wilke Möhring) Profit wittert. Wie das so ist mit guten Seelen, sie haben traditionell natürliche Feinde: Finanzamt, Lebensmittelaufsicht, Stadtentwicklungsspekulanten (Udo Kier!). Mit der richtigen Musik und ein paar kleinkriminellen Kumpels wird das Biotop jedoch tapfer verteidigt. Und so richtig ins Dampfen gerät die Seelenküche, als Shayn bei einer Party ein aphrodisierendes Dessert auftischt – da lässt dann, abgesehen von eindeutig orgiastischen Posen, fast schon Heinz Rühmann grüßen. Aber findet nicht auch die Tracklist (die Soul von Kool & The Gang bis Sam Cooke, und alles von Hip-Hop bis La Paloma, von Rock bis Rembetiko bunt durcheinander mixt) ihre ironische Klimax in „Das letzte Hemd“, interpretiert von Hans Albers?