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Schottentor

Filmkritik

Schottentor

| Günter Pscheider |

Monologisierendes Drama über sechs einsame Charaktere rund um die Wiener Haltestelle Schottentor.

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Der Film startet mit einer schönen Bild/Ton-Schere: Auf der Tonspur hört man Meeresrauschen und die Stimme des Regisseurs, der gleich einmal auf das kleine Budget des Films aufmerksam macht, das dafür verantwortlich ist, dass man als Zuschauer die Bilder des Meeres im Kopf abrufen müsse. Wir sehen dabei die auf den ersten Blick trostlose Architektur eines der größten Knotenpunkte für den öffentlichen Verkehr in Wien – das Jonasreindl der Haltestelle Schottentor, gleich bei der Universität. Die Location ist ob ihrer Durchlässigkeit und trotz aller urbanen Anonymität doch sehr charakteristischen offenen Bauweise klug gewählt, auch die Einführung der Charaktere gelingt fließend. Die Blumenverkäuferin, die eigentlich an der Angewandten studiert und den ganzen Tag nur zeichnend auf der Suche nach dem eigenen Stil ist; der eigenbrötlerische, sensible junge Mann, der sich als Engel der Straßenbahnhaltestelle sieht und für den jeder Tag eine andere Blumenfarbe hat; der zynische Erfolgsregisseur, der mit seiner ziellosen, aber kritischen Assistentin auf Locationsuche für seinen neuen Film ist; der frustrierte, soeben entlassene Universitätsassistent mit Kontaktschwierigkeiten und der alte Sandler, der einen geeigneten Platz zum Sterben sucht, mäandern rund ums Schottentor, immer auf der Suche nach sich selbst, gefangen zwischen der eigenen Einsamkeit und der Sehnsucht nach Nähe. Caspar Pfaundler (Lost and Found) umkreist auch in seinem zweiten Spielfilm das Thema Kommunikationslosigkeit in der modernen Gesellschaft äußerst beharrlich, aber leider nicht filmisch stimmig. Denn sobald nach einigen Minuten die exzessiven inneren Monologe der Figuren beginnen, fängt man an, unruhig im Kinosessel hin und her zu wetzen. Die Gedankenwelt der Protagonisten sprachlich auszudrücken, wirkt sehr schnell prätentiös, wenn die Texte literarisch nicht wirklich herausragend sind – und das ist keineswegs der Fall. Zudem wirken diese inneren Stimmen schon auf Grund der ähnlichen Gefühlslage der Charaktere nach wenigen Sequenzen extrem redundant, und man möchte den eigentlich sehr gut besetzten Schauspielern am liebsten zurufen, doch irgendwas zu tun und nicht immer nur über den schrecklichen Zustand der Welt und die Unmöglichkeit eines tiefen Verständnisses des Anderen zu philosophieren. So bleiben einige durchaus geglückte lange Dialogsequenzen und stimmige Bilder im Kopf hängen, aber das Material dieses Zweistundenwerkes hätte höchstens für einen interessanten 30-minütigen Kurzfilm ohne innere Monologe gereicht.