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The King’s Speech

Filmkritik

The King’s Speech

| Pamela Jahn |

Tom Hoopers exzellentes Historiendrama bietet königliche Unterhaltung im Oscar-Format.

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Nobody is perfect. Aber wenn man schon als Königskind geboren wird, dann sollte man zumindest eines können: vernünftig reden. Und das bekommt Bertie (Colin Firth), Herzog von York und zweiter Sohn von König Georg V., einmal mehr zu spüren, als er seinen Vater beim Abschluss der Empire-Ausstellung 1925 im Londoner Wembley-Stadion vertreten und eine öffentliche Ansprache halten soll. Doch so sehr er sich auch anstrengt, aus dem Mikrofon hallt lediglich ein Schwall von Wortfetzen und nervösem Stottern, der die Nation, vor Ort und vor dem Radio, vor Peinlichkeit erstarren lässt. Sichtlich besorgt um Ansehen und Psyche ihres stammelnden Gatten, der nach dem Tod seines Vaters und dem freiwilligen Abdanken seines Bruders Edward VIII. (Guy Pearce) auch noch unerwartet zum Thronfolger ernannt wird, nimmt Berties liebenswert patente Ehefrau Elizabeth (eine wundervolle Helena Bonham Carter als die spätere Queen Mum) das Zepter selbst in die Hand und engagiert den australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue (Geoffrey Rush), dessen strikte Weisungen und unorthodoxe Methoden den zukünftigen König George VI. letztlich zu – zumindest für seine Verhältnisse – unerwarteten rethorischen Höchstformen auflaufen lassen.

Wer jetzt angesichts des auf dem Papier recht spröde daherkommenden Handlungsschemas an ein klassisches britisches Historiendrama aus der soliden, ihre Tradition unerschütterlich pflegenden BBC-Werkstatt denkt, hat weit gefehlt. Tom Hoopers historisch korrekter Inszenierung eines bisher wenig beachteten Kapitels in der Familiengeschichte der Windsors gelingt es, nicht zuletzt aufgrund des exzellenten Drehbuchs von David Seidler, die Annäherung und sich langsam entwi-ckelnde Freundschaft zwischen dem eigenwilligen Untertan und dem so störrischen wie herzlichen Adligen in seiner emotionalen Vielschichtigkeit darzustellen und sich dabei gleichzeitig für eine Ironie zu öffnen, die tiefer schürft. Während Rush und Firth aus den perfekt getimeten Dialogen zwischen Therapeut und Patient elegant komische Funken schlagen, versteht es Hooper, die Balance zwischen genrebedingter Leichtigkeit und klug gesetzter Dramatik geschickt zu finden und damit eine ausgewogene Spannungskurve bis zum Ende zu halten. Dass The King’s Speech bei den diesjährigen Golden Globe Awards bis auf eine Trophäe für Colin Firth überraschend leer ausging, hat bekanntlich nichts zu bedeuten – ein Oscar-Favorit bleibt der Film allemal.