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Wasser für die Elephanten

Filmkritik

Wasser für die Elefanten

| Michael Ranze |
Jetzt bei Prime Video: Ein junger Kerl schließt sich einem Zirkus an, verliebt sich in eine Reiterin und bändigt eine zickige Elefantenkuh.

Ein alter Mann, vielleicht mit 90 Jahren auf dem Buckel, vielleicht aber auch mit mehr, blickt zurück, weit zurück, ins Jahr 1931, in jene Zeit, als Amerikas Wirtschaft am Boden lag. Damals, als 20-jähriger Jungspund, wollte Jacob Jankowski noch Tierarzt werden. Doch kurz vor der letzten Examensprüfung sterben seine Eltern bei einem Verkehrsunfall – Jacob ist mittellos und ohne Heim. Als er eines Abends auf einen fahrenden Güterzug aufspringt, entpuppt sich der als Transportmittel des Zirkus Benzini. Der Direktor, August Rosenbluth, engagiert den blinden Passagier kurzerhand als Tierarzt – auch ohne Diplom. Christoph Waltz spielt Rosenbluth als herrischen, cholerischen Master of Ceremonies mit Peitsche und hohen Stiefeln. Dabei lässt er immer auch die Gefährlichkeit seines Oberst Hans Landa aus Tarantinos Inglourious Basterds durchscheinen. Kein Mann, mit dem man sich anlegen sollte, erst recht kein Mann, dem man die Frau ausspannt. Doch Kunstreiterin Marlena, von Reese Witherspoon in einer Mischung aus Jungmädchencharme und erfahrener Frau verkörpert, ist einfach zu schön. Vierter im Bunde ist ein störrischer Elefant namens Rosie, auf dem Marlena durchs Zirkuszelt reiten soll. Des Direktors rabiate Dressurmethoden stoßen Jacob sauer auf. Bis es ihm gelingt, Rosies Geheimnis zu knacken und den Dickhäuter zur Attraktion zu machen …

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Genug Konfliktstoff also für ein anrührendes, packendes Melodram, das zum einen in der Depressionszeit angesiedelt, zum anderen in der Welt des Zirkus verortet ist, die wie aus der Wirklichkeit genommen zu sein scheint und darum ihren eigenen Gesetzen folgt. Schicksalsschläge, Liebe, Eifersucht, Überlebenskampf, schließlich Erfolg und Niedergang: Regisseur Francis Lawrence, bislang durch einen Film ganz anderer Art – I Am Legend – hervorgetreten, hat geschickt die dramaturgischen Eckpfeiler aus Sara Gruens gleichnamiger Buchvorlage herausdestilliert und kinowirksam verstärkt. Dabei gelingt es ihm nicht nur, durch hohe Produktionswerte – detailfreudige Ausstattung und genau recherchierte, zeitgenössische Kostüme – die Dreißiger Jahre wieder aufleben zu lassen. Water for Elephants ist auch eine fast schon romantisch verklärte Liebeserklärung an den Zirkus, an den Lebensstil, den er mit sich brachte, an die Faszination, die er ausübte. Zweifelsohne ist diese Zeit, so wie Buch und Film sie schildern, lange vorbei, aber – die Rahmenhandlung unterstreicht es – der Erinnerung wert.