Lyrischer, witziger, melancholischer, berührender Liebesfilm, wie es lange keinen mehr gab.

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Beginners, der nach Thumbsucker (2005) gerade mal zweite Spielfilm des Filmemachers, Grafikdesigners und Musikvideo-Regisseurs Mike Mills handelt von Anfängern und Anfängen, von Aufbrüchen und Wagnissen, von der Angst und der Unsicherheit, vom Abschiednehmen, vom Verlust, vom Tod und von der Liebe zwischen Anna (Mélanie Laurent) und Oliver (Ewan McGregor). Und nichts daran wirkt schwerblütig, vergrübelt oder niederdrückend, selbst die Trauer und der Schmerz nicht, die zunächst so bestimmend scheinen.

Anna bewohnt in Los Angeles ein Hotelzimmer, weil sie als Schauspielerin nie lange an einem Ort bleibt. Grafikdesigner Oliver hat vor kurzem seinen Vater verloren: Hal, der nach dem Tod seiner Frau als 75-jähriger sein Coming Out wagte. Der dann noch vier Jahre lang gemeinsam mit dem um einiges jüngeren Andy seine schwule Identität lebte und glücklich war. Olivers Schreckgespenst aber ist die unterkühlte Ehe seiner Eltern, sind die Erinnerungen an die frustrierte Sehnsucht seiner Mutter Georgia. Anna wiederum versucht, einem erdrückenden Vater zu entkommen, und ihr unsteter Beruf ermöglicht die dauernde Flucht, verunmöglicht aber auch dauernde Bindungen.

Die Mainstream-filmischen Repräsentationen von Liebe und Begehren versuchen uns oftmals weis zu machen, es handele sich bei ihnen um quasi evolutionäre Grundmuster, um bestimmten Regeln und Gesetzmäßigkeiten unterworfene Verhaltensweisen, mittels derer Ordnung in den zwischenmenschlichen Beziehungen überhaupt erst hergestellt wird. Dem beklagenswerten Missstand dieser Reduktion komplizierter Gemütszustände auf standardisierte Handlungsverläufe und leicht verdauliche Stimmungshäppchen setzt Mills ein nach allen Seiten offenes narratives Geflecht entgegen. Er hält die Dinge des Herzens nicht nur in der ihnen gemäßen Schwebe, er lässt sie auch weitestgehend unbenannt und damit frei. Und er dreht den Spieß um: Liebe und Begehren bringen zunächst einmal alles durcheinander; nach vollbrachtem Zerstörungswerk erst können Anna und Oliver daran gehen, in gemeinsamer Anstrengung jene neue Ordnung zu finden, in der die füreinander gehegten, ungebändigten Gefühle überleben und sich entwickeln können.

Beginners, in dessen Drehbuch Mills eigene Erfahrungen einbrachte, ist berückend fotografiert, unaufdringlich stilisiert, fließend montiert, von herrlichem alten Blues begleitet und von vier hervorragenden schauspielerischen Leistungen getragen. Den Schrecken der Liebe derart hingegeben erstrahlen zu sehen, bereitet einen süßen Schmerz.