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The Guard – Ein Ire sieht Schwarz

| Ralph Umard |

Expressives Porträt eines ruppigen irischen Provinzpolizisten

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Er schluckt neben Alkohol alle möglichen Drogen, die ihm bei seinen polizeilichen Ermittlungen in die Hände fallen. Er vernichtet Beweismaterial, verkauft Waffen an die IRA, hat eine Vorliebe für Prostituierte in Uniform, bedient sich bei seinen ätzenden Bemerkungen vorzugsweise der Fäkalsprache und pfeift auf so ziemlich alles. Er legt sich mit Kollegen und Vorgesetzten an und nervt sie mit provokanten Äußerungen oder subversivem Humor.

Doch der aufsässige Wachtmeister Gerry Boyle kann auch anders. Er kümmert sich zartfühlend um seine krebskranke Mutter (mit Bravour gespielt von Fionnula Flanagan) und setzt sich fürsorglich für eine junge kroatische Witwe ein. Boyle ist eine Paraderolle für Brendan Gleeson – nicht nur körperlich, auch schauspielerisch ein Schwergewicht. Unvergessen seine souveräne Darstellung eines Killers am Scheideweg in dem tragikomischen Thriller In Bruges. Den Charakter des starrköpfigen Wachtmeisters verkörpert Gleeson so ambivalent, dass man sich nicht sicher ist, ob Boyle nun ein dummdreister Rüpel oder ein ausgefuchster Zyniker ist – und das macht den besonderen Reiz dieses mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors in Szene gesetzten Films aus, der eine komplexe Krimihandlung mit einer originellen Charakterstudie verknüpft.

Exzentrisch wirken auch andere Charaktere, wie drei philosophische Phrasen dreschende Kokainschmuggler. Ihre Dialoge erinnern an Pulp Fiction, die Typen selber ähneln im Auftreten den Ganoven in frühen Filmen von Guy Ritchie.

Den Gegenpol zu solch schrägen Vögeln verkörpert routiniert Don Cheadle als FBI-Agent, der die irische Polizei bei der Jagd auf die Drogendealer anleitet. Ein höflicher, gebildeter Typ, der bei Recherchen unter gälisch sprechenden Dorfbewohnern, „lost in translation“, auf Boyles Hilfe angewiesen ist. Der reizt den afroamerikanischen US-Kollegen zunächst mit rassistischen Sprüchen, doch als sich immer klarer ein Zusammenhang abzeichnet zwischen den Drogengangstern und einem mysteriösen Mordfall, den Gerry Boyle aufklären will, arbeiten der korrekte US-Amerikaner und der ruppige Ire notgedrungen zusammen.

Beim Showdown mit den Schmugglern schließlich werden beide sogar Waffenbrüder, wobei die Gewaltszenen eher beiläufig gezeigt werden. Es geht primär um den mit derbem Wortwitz geführten Beziehungsclinch in dieser Provinzposse, die bar jeder
Irland-Romantik ist.