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Die Lincoln Verschwörung

Filmkritik

Die Lincoln Verschwörung

| Alexandra Seitz |

Robert Redfords staatstragende Verfilmung eines Justizskandals fällt unfreiwillig komisch aus.

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Gediegen, bieder und leider auch urfad setzt Robert Redford in The Conspirator die Geschichte der Mary Surratt in Szene, die 1865 von einem US-amerikanischen Militärtribunal zum Tode verurteilt wurde. Angeblich, weil sie an der Verschwörung zum Attentat auf Präsident Lincoln beteiligt war. Oder doch zumindest von ihr wusste und sie der Obrigkeit nicht meldete. Jedenfalls war sie die Mutter von John, einem der mutmaßlich Beteiligten, und betrieb jene Pension, in der die Verschwörer sich trafen und verschworen. Ihr Sohn sei nach Kanada verreist, sagte Mary aus, die Behörden interpretierten seine Abwesenheit als flüchtig und schuldig. Mary Surratt wurde am 7. Juli 1865 am Halse aufgehängt, bis der Tod eintrat. Ihr Sohn, sozusagen aus Feigheit zum Muttermörder geworden, kam später vor ein ziviles Geschworenengericht. Das sich auf seine Schuld im Fall Lincoln allerdings nicht einigen konnte und ihn wieder laufen ließ.

Der Fall Mary Surratt ein Fall von Sippenhaftung? Sehr gut möglich. In jedem Fall aber ein Fall für Robert Redford, der ihn als Exempel für Gesinnungsjustiz, staatliche Willkür und mindestens Rechtsbeugung zum Anlass nimmt für eine seiner berühmt-berüchtigten Predigten zum Thema Staatsbürgerkunde, Demokratieverständnis und politische Praxis.

Ungefähr alle fünf Minuten erhebt sich nun in The Conspirator Redfords unsichtbarer Zeigefinger, runzelt der in seinem Selbstverständnis als Citoyen zutiefst betroffene Unsichtbare die Stirn und stellt ein paar Sachen klar. Es sind immer wieder die gleichen: Jeder hat ein Recht auf die Unschuldsvermutung. Jeder hat ein Recht auf Verteidigung. Jeder hat ein Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Wem dazu Guantanamo einfällt, der liegt nicht falsch, denn selbstverständlich lässt sich Redford auch den einen oder anderen Seitenhieb auf diesen himmelschreienden Skandal nicht entgehen.

Aber auch dieser aufgelegte Aufreger ändert nichts daran, dass The Conspirator mit der Zeit sehr langweilig wird. Wer will, kann seine Aufmerksamkeit dann der Lichtsetzung Newton Thomas Sigels zuwenden, der etwas angestrengt Kunstgewerbliches eignet. Geschuldet ist sie offenbar dem Umstand, dass Sigel bei dem Versuch, das historisch fehlende elektrische Licht auszugleichen, übers Ziel hinausschoss. Nun sieht jedes Fitzelchen weißen Textils nicht nur aus, als sei es mit Persil gewaschen, sondern als habe der Kameraassistent es mit fluoreszierender Farbe angestrichen: Blendwerk, wie der ganze Film.