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Der Prozess

Filmkritik

Der Prozess

| Günter Pscheider |

Gut recherchierte Doku über den viel diskutierten Tierschützerprozess

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Der Journalist und Filmemacher Gerald Igor Hauzenberger dokumentiert schon seit den ersten Verhaftungen der Mitglieder des Vereins gegen Tierfabriken im Jahr 2008 den Verlauf der Ermittlungen und den daraus resultierenden Monsterprozess, einen der längsten in der österreichischen Justizgeschichte. Dem „militanten“ Tierschützer Martin Balluch und einigen seiner Mitstreiter wurden diverse Sachbeschädigungen, erpresserische Nötigung und vor allem die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach dem „Mafiaparagraphen“ 278a vorgeworfen. Dass der Regisseur mit den Angeklagten sympathisiert wird schon anhand der ersten Bilder klar, in denen die grausamen Auswirkungen der Massentierhaltung gezeigt werden. Er versucht aber auch vor der Kamera vergeblich, eine Stellungnahme der zuständigen Ministerin zu ergattern. Bald darauf wünschen empörte Waidmänner den Störenfrieden einen neuen Hitler an den Hals und in einer ebenso grandiosen wie gespenstischen Sequenz singen viele Mitglieder der konservativen Elite wie Uwe Scheuch, Maria Fekter, Alfons Mensdorf-Pouilly oder die Kleiderbauer Besitzer Graf bei einem Ball in Kärnten voller Inbrunst ein Loblied auf die Freuden der Jagd. Es ist wohl kein Zufall, dass die „Soko Kleiderbauer“ mit Hilfe des großen Lauschangriffs und später einer verdeckten Ermittlerin gegen die vor den Kleiderbauer Geschäften gegen die Pelztierhaltung Demonstrierenden vorging.

Im spannenderen ersten Teil des Films konzentriert sich der Regisseur mehr auf die handelnden Personen und ihre Hintergründe und diskutiert anhand von Experten verschiedene rechtliche Positionen. Der Schluss liegt nahe, dass der Paragraph 278a hier eingesetzt wurde, um aus Geschäftsinteressen eine lästige NGO Gruppe mundtot zu machen. Der Film macht auch deutlich, wie demokratiepolitisch gefährlich die hier betriebene unzulässige Vermischung von Polizei, Justiz und Politik ist, wenn entlastende Beweise einfach unterdrückt werden, weil man mit allen Mitteln eine Verurteilung erreichen will. Im zweiten Teil steht der Prozess selbst im Mittelpunkt und hier hat der Regisseur zwei Probleme: Erstens kennen wohl die meisten potenziellen Zuschauer das Ergebnis des Prozesses, deshalb ist die von den Angeklagten bange gestellte Frage nach dem Ausgang mäßig spannend. Zweitens sind Filmaufnahmen im Gerichtssaal nicht erlaubt und die nachgesprochenen Protokolle – bebildert mit von einem Angeklagten verfertigten Zeichnungen – sind einfach kein geeignetes Material für einen Kinofilm. Trotzdem ist das ein vielschichtiger und wichtiger Film, gerade damit eine noch größere Öffentlichkeit sich mit diesem aktuellen Thema der missbräuchlichen Verwendung des Paragraphen 278a auseinandersetzt.