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Cairo Time

Filmkritik

Cairo Time

| Alexandra Seitz |

Sehnsucht im Orient, ein Liebesfilm für Erwachsene

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Als die US-Amerikanerin Juliette in Kairo ankommt, erwartet sie am Flughafen nicht ihr Mann Mark, sondern dessen ehemaliger Kollege Tareq: Mark sei im Gaza-Streifen aufgehalten worden, es gäbe aber keinen Grund zur Sorge und er brächte sie jetzt in ihr Hotel. Vom Jetlag gezeichnet, schaut Juliette während der Fahrt aus dem Fenster und wundert sich über die Hitze – im November.

Die Hitze der Millionenmetropole teilt sich mit in Ruba Naddas Cairo Time, in Form verlangsamter Bewegungen und einer im Blick aufscheinenden Trägheit des Gehirns. In jenem Blick also, der sich auf fremdartige Dinge richtet und deren Bedeutung nicht ganz zu erfassen vermag. Klima- und Kulturschock im Verein mit dem unvorhergesehenen Alleinsein bremsen die Karrierefrau Juliette regelrecht aus. Patricia Clarkson vermittelt das erschütterte innere Gleichgewicht ihrer Figur in einem nur ganz leichten Zittern. Ihre Gesten und Handlungen wirken fast vorläufig, wie ein Herantasten an die unbekannten Umstände. Aber Juliette ist eben auch eine selbstbewusste Frau, und es dauert nicht lange, bis sie erfährt, was es in Kairo heißt, ohne männliche Begleitung spazieren zu gehen. Kurz darauf steht sie hilfesuchend in Tareqs Kaffeehaus und der wiederum steht nicht an, der Ausländerin das Kennenlernen seiner Heimatstadt zu erleichtern.

Was folgt, ist nicht nur eine Annäherung unterschiedlicher Kulturen, sondern auch eine Annäherung zweier Menschen, die sich über ihre Verschiedenheit ebenso wie über die Bedingungen ihrer Begegnung im Klaren sind. Dabei kontrastiert der im Sudan geborene Alexander Siddiq in der Rolle Tareqs die von Clarkson gesetzte Vorsichtigkeit mit einer Herzlichkeit, die die Distanz zu wahren versteht. Seine Charakterisierung macht einen aus der Mode gekommenen Begriff von Schicklichkeit anschaulich. Der verknüpft sich zum einen mit der legendären arabischen Gastlichkeit. Und bildet zum anderen den Nährboden jener leisen Töne und zarten Gefühle, die die Beziehung zwischen Juliette und Tareq am Ende aus- und so besonders machen.

Bedauerlicherweise findet sich die filigrane Arbeit der Schauspieler mitunter durch Niall Byrnes penetrant sentimentales, filmmusikalisches Geklimpere aufs Unnötigste verdoppelt. Ausgleichend wirkt die unaufgeregte Inszenierung der kanadischsyrischen Regisseurin, die einen entschleunigten Film nicht nur über einen unerfüllten Wunsch gedreht hat, sondern auch über ein erfüllendes Gefühl – und darüber, wie beides miteinander zusammenhängt.