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Die Frau in Schwarz / The Woman in Black (Horror, 2012)

Filmkritik

Die Frau in Schwarz

| Jörg Schiffauer |

Traditionsbewusster Horror aus dem (neuen) Hause Hammer

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Der Name Hammer Films genießt nicht nur unter Fans des Genrekinos einen legendären Ruf. Die britische Produktionsfirma war in Sachen Horror-film in den fünfziger und sechziger Jahren vor allem mit ihrer Dracula-Reihe – die Christopher Lee in der Rolle des blutsaugenden Grafen seinen Platz in der Filmgeschichte sicherte – zu den ersten Adressen zählte. Doch der typische „Hammer Horror“ mit seiner expressionistisch anmutenden Farbgebung kam angesichts elaborierterer Genrearbeiten spätestens in den Siebzigern aus der Mode, was schließlich sogar zum Bankrott der Firma führte. Hammer schien tot und begraben, bis niederländische Investoren vor einigen Jahren das Unternehmen zu neuem Leben erweckten.

Nun feiert Hammer Films ein Comeback, das thematisch und stilistisch an die Hoch-Zeiten des Unternehmens anknüpft. The Woman in Black präsentiert Gothic-Horror in geradezu klassischer Manier. Die Zutaten der Geschichte sind altbewährt: Im viktorianischen England wird der junge Anwalt Arthur Kipps – Daniel Radcliffe zeigt dabei, dass es auch ein respektables Schauspielerleben nach Harry Potter gibt –, der sich nach dem Tod seiner Frau in einer veritablen Lebenskrise befindet, von seiner Firma in ein kleines Dorf geschickt, um den Nachlass einer alten Dame zu regeln, der ein abgelegenes Herrenhaus umfasst. Kaum angekommen, begegnen die Dorfbewohner Arthur mit Argwohn, der bald in offene Feindschaft umschlägt. Alles wird noch mysteriöser, als der Anwalt bei seinen Besuchen in dem einsamen Haus vermeint, die Gestalt einer in Schwarz gekleideten Frau wahrzunehmen. Als jedes Mal nach dem Auftauchen der mysteriösen Gestalt ein Kind im Dorf stirbt, beginnt Arthur zu begreifen, dass er mit seinem Auftauchen in dem Haus einen Fluch wiedererweckt hat.

The Woman in Black operiert mit klassischen Elementen des Genres, wie dem Haunted-House-Motiv und dem Topos von verdrängter Schuld, umrahmt von Bildern einer nebelverhangenen Moorlandschaft. Spannung wird im Stil prominenter Vorbilder sorgsam aufgebaut, auf drastische Schockbilder wird dabei weitgehend verzichtet. Das mag angesichts des Regisseurs auf den ersten Blick durchaus überraschen, hat James Watkins doch in seinem Thriller Eden Lake Schrecken vor allem durch explizit in Szene gesetzte Gewaltexzesse verbreitet. Der Effektivität von The Woman in Black schadet diese Zurückhaltung keineswegs, mit der Rückbesinnung auf eine traditionelle Schauergeschichte versteht es Watkins, eine Atmosphäre zu schaffen, die sympathisch „old fashioned“ wirkt und Horror der klassischen Sorte nicht antiquiert erscheinen lässt.