ray Filmmagazin » Filmkritiken » Copacabana
copacabana

Filmkritik

Copacabana

| Ines Ingerle |

Ein Film über Lebenslust, Freiheitssinn und die Schwierigkeiten, Verantwortung zu übernehmen

Werbung

Babou (Isabelle Huppert) ist eine Lebefrau. Niemals hat sie stillgehalten, immer instinktiv gehandelt und sich von ihrer Intuition leiten lassen. Sie hatte viele Jobs, Wohnorte und Liebhaber. „Ich reagiere auf Begegnungen“ antwortet sie auf die Frage nach ihrem bisherigen Leben. Ihre Tochter (Lolita Chammah, Hupperts leibliche Tochter) hat sie dabei immer mitgenommen. Esméralda blieb keine andere Wahl, als sich dem Lebensstil ihrer Mutter anzupassen und zu beugen. Doch jetzt ist sie 22 und versucht, ihren eigenen Weg zu gehen, ihr eigenes bürgerliches Leben zu führen, das so rein gar nichts mit jenem ihrer Mutter gemein hat. Babou merkt, wie sich ihre Tochter immer mehr von ihr entfernt und weiß nicht, wie sie dieser Entwicklung entgegenwirken soll. Als ihr Esméralda verkündet, dass sie ihre Anwesenheit bei ihrer bevorstehenden Hochzeit nicht wünscht, um Peinlichkeiten zu vermeiden, nimmt Babou einen Job im belgischen Ostende an, um ihrer Tochter zu beweisen, dass sie sich ändern kann und will und zu einem seriösen Leben fähig ist.

Copacabana
ist eine mit viel Feingefühl und Liebe zum Detail inszenierte Komödie. Isabelle Huppert brilliert in der Rolle der freiheitsliebenden, rebellischen, energiegeladenen Babou, die sich gesellschaftlichen Normen widersetzt und glücklich nach ihren eigenen Regeln lebt, bis sie mit der „normalen“ Welt und somit auch mit sich selbst konfrontiert wird. Sie gibt Babou als eine unbeirrbar lässige, lebensfrohe, optimistische Frau, die einerseits verantwortungslos und naiv erscheint, andererseits durch ihre innere Freiheit und ihre Unbekümmertheit beeindruckt und die Menschen begeistert. Sie ist autonom und definiert sich über ihre Unabhängigkeit, eine Tatsache, die es ihr unmöglich macht, fixe Bindungen einzugehen und einen Beziehungsalltag zu leben. Mit Leichtigkeit scheint sie auch damit umzugehen – und dennoch lassen sich hinter ihrem selbstbewussten, kompromisslosen Auftreten Verletztheit und Einsamkeit erkennen.

Eine ganz eigene Komik entwickelt sich aus dem Kontrast zwischen der Tristesse Ostendes und Babous Träumen von einem Leben in Brasilien. Mit ihrer Fähigkeit, die Welt durch ihre eigenen Augen und die Dinge stets positiv zu sehen, kämpft sie unbeirrbar gegen ihr graues Umfeld an. So erschafft sie herrlich beschwingte, ironische Situationen. Unterstützend wirkt dabei der Score, der Lebenslust und südländischen Esprit verströmt und den Zuseher in Babous Welt entführt. Eine scharfsinnige, witzige und dennoch tiefgründige Komödie, die einen unwillkürlich dazu anregt, über das eigene Leben zu reflektieren.