ray Filmmagazin » Filmkritiken » Kochen ist Chefsache / Comme un chef
Kochen ist Chefsache / Comme un chef

Filmkritik

Kochen ist Chefsache / Comme un chef

| Harald Mühlbeyer |

Jean Reno in einer französischen Komödie nach traditionellem Rezept

Werbung

Tausendsassa Jean Reno als Delikatessenkoch Alexandre Lagarde und der französische Comedian Michaël Youn als Küchenamateur Jacky Bonnot werfen sich hier die Bälle, nein: die Zutaten zu, um Lagardes Feinschmeckerküche, seine Drei-Sterne-Auszeichnung, gar die Kochkunst im Ganzen zu retten. Denn Lagardes Restaurant gehört zum Lebensmittelkonzern von Stanislas Matter, einem Jungspund auf dem Chefsessel, der die synthetischen Kompositionen der Molekularküche liebt – weil diese mit kräftigem Synergieeffekt in seine Fertignahrungsmittelindustrie einfließen können.

Er tut deshalb alle, um Lagarde zu sabotieren: Verliert dieser einen Michelin-Stern, ist sein Vertrag kündbar. La-garde ist ein Spitzenkoch mit bestem Ruf, arriviert und leider auch saturiert, weil ihm nichts mehr einfällt. Bonnot ist Koch aus Leidenschaft, mit schlecht bezahlten Jobs in Bistroküchen, weil ihm sein radikaler Rigorismus im Weg steht: Wehe, einer bestellt Senfsauce zum Kabeljau; und im Imbiss streicht er als erstes Pommes von der Karte. Durch Zufall wird er von Lagarde entdeckt, dem er frischen Wind in die Küche bringen soll – zum Verdruss von Matter …

Wie sich Reno und Youn zusammenraufen, um an einem Strang gegen Matter zu ziehen, so hätten sie vor Jahrzehnten beispielsweise von Gerard Depardieu und Pierre Richard gespielt werden können. Denn Daniel Cohen hat bewusst eine typische Typenkomödie inszeniert, traditionell französisch: starke Gegensätze zusammengeballt im gerechten Kampf fürs rechtschaffen Handwerkliche und natürlich für die Liebe. Lagarde hat seine Tochter jahrzehntelang unbeachtet gelassen, und Bonnot hat sich über die Kochleidenschaft von seiner schwangeren Freundin entfremdet.

So entwickelt Cohen einige komische Situationen, die freilich mitunter nicht bis zur letzten Konsequenz ausgespielt werden und beinahe zögerlich daherkommen. Hingegen bricht im letzten Drittel des Films mit plötzlicher Urgewalt hyperaktiver Slapstick hervor, wenn sich Reno und Youn als älteres japanisches Ehepaar verkleiden oder wenn sie à la Mad Scientist die Molekularküche ausprobieren – nachgekocht nach Louis de Funès’ Exzessen in Brust oder Keule von 1976. Punktuelle Komik und ein schnell getimter Flow machen noch keine gute Komödie, zu unausgewogen wirkt der Film, und zu kalkuliert führen die Nebenhandlungen zueinander, fügen sich die Erzählstränge zusammen: als hätte Stanislas Matter mit seiner Idee künstlich-molekularer Zubereitung doch recht.