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Väterliche Spurensuche entlang des Jakobsweges

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Buen camino! Pilger des Jakobsweges kennen sie, die traditionelle Grußformel. Sie begleitet uns samt  Ansichtskartenidylle auch in diesem, auf schicksalhaften Einzelmomenten aufgebauten Roadmovie. Zugegeben, es wäre falsch, The Way auf einen audiovisuellen Reiseführer zur populären Wallfahrtsroute zu reduzieren: Emilio Estevez beweist nach  seinem komplexen Polittthriller Bobby einmal mehr Gespür für eine ruhige, unaufgeregte Erzählweise und eine sichere Führung seiner Darsteller. Mit der Wahl seines Vaters Martin Sheen in der Hauptrolle setzt er dabei auf eine sichere Karte: Der knapp 70-jährige Routinier demonstriert in knapp zwei Stunden laufend neue Facetten des störrischen, zunehmend brüchigen Charakters von Augenarzt Tom Avery.

Toms Sohn Daniel, den Estevez in Rückblenden persönlich verkörpert, ist auf dem „camino“ ums Leben gekommen. Der verbitterte Vater reist nach Frankreich, um den Leichnam in die USA zurückzuholen. Doch dann macht er sich mit Daniels Rucksack auf den Weg und folgt dessen Spuren. Statt einer meditativen Einkehr wird der Fußmarsch nach Santiago de Compostela zu einem abwechslungsreichen Reisediagramm, zumal der Eigenbrötler eher unfreiwillig von drei Reisenden begleitet wird: Jost, der dicke Holländer, redet wie ein Wasserfall, wenn er nicht gerade zu heftig am Joint gezogen hat; die launische Sarah will von ihrer Nikotinsucht loskommen; und der Ire Jack hadert mit seiner Schreibblockade und dem Stellenwert als Autor von Reiseführern (ein netter Verweis auf den „This American Life“-Mitherausgeber Jack Hitt). Genau diese Stereotypen sind es, welche die tendenziell europäische Ausrichtung des Films in den Hintergrund drängen. Die nachdenklichen Momente, etwa als Sarah im Affekt Tom schlägt, weil er sie an ihren brutalen Ex-Mann erinnert, werden zu oft durch billige Pointen neutralisiert.

Dabei hält The Way durchaus Stoff zum Nachdenken bereit: Sinn und Unsinn des Pilger-Hypes, religiös induzierter (Aber-)glaube werden ebenso gestreift wie Intoleranz. Als Tom im letzten Drittel der Reise der Rucksack mit der Asche seines Sohnes gestohlen wird, erhält er diese vom Vater des Diebes zurück – einem „Gypsy“. Die folgende inszenierte Idylle des „Zigeuner“-Lebens ist beispielhaft für die Oberflächlichkeit, mit der Estevez Thema um Thema abgrast. So verbleibt schlussendlich nur die uramerikanische Moral, dass Freundschaft über alle Tiefen hinweg hilft. Ein Lerneffekt, der eher in einen Kinderfilm gepasst hätte.