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Sleep Tight

Filmkritik

Sleep Tight / Mientras duermes

| Alexandra Seitz |

Eine Hundsgemein gut gelungene Zuschauermanipulation

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Während Sie schlafen“ hieß die Fernsehsendung, in deren Auftrag ein Journalistenteam die Arbeit einer Feuerwehrbrigade bei Nacht dokumentieren wollte. Dann gerieten allesamt in einem weitläufigen, alten Mietshaus in Barcelona in die Fänge von Zombies. Der Film hieß [REC] und Jaume Balagueró drehte ihn 2007 gemeinsam mit seinem Kumpel Paco Plaza. Auch in Sleep Tight / Mientras duermes trägt sich das Unheil zu, während die anderen schlafen, und auch diesmal ist der Ort des Schreckens ein weitläufiges, altes Mietshaus in Barcelona. Allerdings führt Balagueró diesmal allein Regie und bleibt mit seiner Geschichte auch auf dem Boden der Tatsachen, im Diesseits des Reiches der Monster und Gespenster. Und weil es in der Wirklichkeit bekanntlich ganz besonders hässlich und gemein zugeht, ist Sleep Tight / Mientras duermes auch ein ganz besonders hässlicher und gemeiner Film.

Erzählt wird vom fiesen Hausmeister César und der schönen Mieterin Clara, deren beständig gute Laune dem missgünstigen Mann nicht bloß ein Dorn im Auge ist. César ist von Clara regelrecht besessen. Auf abstoßende Weise drängt sich der eingetrocknete Einzelgänger unbemerkt in das Leben der energiesprühenden Frau und verwandelt es in eine Hölle auf Erden. Warum? Er könne kein Glück empfinden, sagt César über sich. Und, was noch schlimmer ist, er kann auch das Glück der anderen nicht ertragen. Also trachtet er danach, es zu zerstören. César ist nicht bloß ein Grantscherben oder ein Misanthrop. César ist ein schwarzes Loch, das nach Ausdehnung strebt, negative Energie in reiner Form, Vernichtungstrieb, Antimaterie.

Und es ist der Umstand, dass Balagueró seinem Publikum diesen Unsympathen – den Luis Tosar mit beunruhigendem Gusto am sadistischen Gestus spielt – als Identifikationsfigur förmlich aufdrängt, der Sleep Tight / Mientras duermes zu einem so schwer erträglichen Film macht. Wie perfekt geölte Rädchen greifen die Mechanismen des Thrillergenres ineinander und erstaunt stellt man fest, dass man mit dem unter Claras Bett versteckten Perversling um dessen Entdeckung fürchtet, obgleich dieser die unter Drogen Gesetzte eben erst vergewaltigt hat und man eigentlich seinen Tod wünschen müsste. Aus diesem Dilemma des vom Suspense verursachten Mitfieberns einerseits und dem Entsetzen über das Treiben der Hauptfigur andererseits gibt es auch in der Folge kein Entrinnen. Das Böse ist ein Faktum der Welt – und es überdauert diesmal auch im Film.