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Filmkritik

Cold Blood / Deadfall

| Harald Mühlbeyer |

Der Verfolgungsthriller durchs winterliche Michigan zeigt: Blut ist dicker als Schnee.

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In seinem US-Debüt geht Stefan Ruzowitzky mitten hinein ins Herz von Amerika: Cold Blood läuft auf die Familienzusammenkunft am Thanksgiving Day zu, perfekt pervertiert freilich. Denn am Tisch sitzt auch Addison, ein kaltblütiger Killer, der mit sardonischem Sadismus zeigt, wer der Herr im Haus ist und die Hand an der Schrotflinte hält. Verschlungene Pfade durch die verschneiten Wälder im Nirgendwo von Michigan führen zu diesem Finale: Addison und seine Schwester Liza sind nach einem Casinoüberfall auf der Flucht, verfolgt werden sie von Sheriff Becker und dessen Tochter, Deputy Sheriff Hanna. Und sie treffen auf Jay, frisch aus der Haft entlassen und unterwegs zu seinen Eltern, zum Erntedankschmaus. Eine Familiengeschichte der anderen Art ist das, in der die Väter die Kinder missachten und die Kinder in den Totschlagmodus treiben – Familie als Schlachtfeld voller Scharmützel gegen innere und äußere Feinde.

Äußerst geschickt balanciert Ruzowitzky die verschiedenen Handlungsstränge, baut Spannung auf und retardierende Elemente ein. Lässt Addisons schwarze Seele im weißen Schnee rotes Blut vergießen. Lässt Liza im Blizzard frieren und mit Jay anbändeln – zum Schein zunächst, dann wirklich verliebt. Lässt die Tochter gegen den Sheriff-Papa aufbegehren. Und lässt Jays Eltern im beschaulichen Heim auf den verlorenen, heimkehrenden Sohn warten. Kris Kristofferson und Sissy Spacek stellen sie dar, Veteranen des inzwischen klassischen neuen Hollywoodkinos; ebenfalls klassisch, sprich schnörkellos und wirkungsvoll inszeniert Ruzowitzky. Und dabei niemals unterkomplex: Die ansprechenden Actionszenen stehen nicht für sich, sondern unterfüttern die Charaktere in ihrer Ambivalenz. Besonders Addison, die psychopathische Hauptfigur, ist nicht nur ein schlichter Gewalttäter. Er entschuldigt sich beim Polizisten, bevor er ihn erschießt, hilft Witwen und Waisen, die er zuvor zu solchen gemacht hat, und schützt seine Schwester Liza obsessiv und bis zum Letzten. Eric Bana spielt diesen Addison, mit stets adretter Frisur auch im Blizzard, mit überstarkem Gerechtigkeitsgefühl und unterentwickelten Hemmungen.

Ruzowitzky lässt sich durch logische Verwehungen nicht aus dem Tritt bringen, bietet intelligente Actionunterhaltung und alles, was einen guten Thriller ausmacht – und zeigt etwa Florian Henckel von Donnersmarck, wie ein Post-Auslandsoscar-Hollywoodfilm auszusehen hat.