Formentera

| Andreas Ungerböck |

Eine Zweierbeziehung in der Krise:
deutsches Qualitäts-Autorinnenkino

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2007 erregte Ann-Kristin Reyels mit ihrem Debüt Jagdhunde, in dem Josef Hader eine für ihn eher ungewöhnliche Hauptrolle spielte, Aufmerksamkeit. Ein neues Talent in der deutschen Autorinnen- und Autorenkino-Szene kündigte sich an. Bekanntlich ist nichts schwerer, als nach einem ersten Erfolg einen zweiten zu landen. Doch die 36-jährige Leipzigerin hat diese Hürde mit Bravour gemeistert. Das ist umso bemerkenswerter, als sie in Formentera eine nicht eben neue Geschichte erzählt.

Ben (Thure Lindhardt, eben erst als Wolfgang Priklopil in 3096 Tage zu sehen) und Nina (die Autorenfilm-erprobte Sabine Timoteo) sind ein Thirty-Something-Paar aus Berlin mit gemeinsamer Tochter, die sie bei der Großmutter untergebracht haben, um nach Jahren endlich wieder einmal zu zweit Urlaub zu machen. Die Reise geht nach Formentera, zu vier Bekannten, die dort als Aussteiger leben. Bald wird klar, dass Ben und Nina ein Problem haben – eines, das sie offenbar schon länger vor sich herschieben oder das sich im Berliner Alltag so noch nicht manifestiert hat. Daran können die paradiesische Szenerie, die gemeinsamen Ausflüge und die idyllischen Abendessen mit den Freunden nichts ändern. Es stellt sich heraus, dass sie nicht nur unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft haben, sondern auch vom Zustand ihrer Beziehung. Und so ist es nicht allzu verwunderlich, dass Ben bei einer feuchtfröhlichen Strandparty mit der schönen Mara zu flirten beginnt, was Nina verständlicherweise ziemlich aus dem Gleichgewicht bringt. Die beiden Frauen, nicht mehr ganz nüchtern, beschließen zu später Stunde, noch schwimmen zu gehen: keine gute Idee. Während Nina wieder auftaucht, bleibt Mara verschwunden …

Reyels inszeniert das mit Einfühlungsvermögen und einem Gespür für Zwischentöne. So ist etwa die Figur des Ben enorm nuancenreich geschrieben: Er ist hin- und hergerissen zwischen seiner Liebe zu Nina, die immer wieder spürbar wird, und einer Große-Jungen-Sehnsucht nach dem letzten (?) großen Abenteuer, sei es privat oder beruflich. Er ist kein schlechter Mensch, aber man merkt ihm die Beziehungsroutine an. Nina wiederum, reizend, umgänglich, umweht auch ein Hauch von leiser Arroganz, mit der sie Ben und die Aussteigerfreunde betrachtet. Sie hält sich gerne außen, wenn „Dabeisein“ gefragt wäre. Dass die Beziehung gerade auf der relaxten Insel Formentera aus den Fugen gerät, ist eine schöne Metapher: Unter der heißen Sonne werden die Schatten über Ben und Nina besonders deutlich.