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Take This Waltz

| Ines Ingerle |

Sarah Polley inszeniert einen berührenden Film über die Zweideutigkeit der Wahrheit.

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Margot (Michelle Williams), 28, führt eine glückliche Ehe mit Lou (Seth Rogen), einem Kochbuchautor, der einen liebevollen, bemühten, bodenständigen Ehemann abgibt. Gemeinsam wohnen sie in einem kleinen Haus in Toronto, führen ein ruhiges, harmonisches Leben. Als Margot jedoch im Flugzeug dem Künstler Daniel (Luke Kirby) begegnet, der sich wenig später als unmittelbarer Nachbar entpuppt, werden ihr Leben und ihre Gefühle schlagartig auf den Kopf gestellt. Plötzlich ist sich Margot über nichts mehr wirklich sicher. Sie ist hin- und hergerissen zwischen dem sicheren Hafen der Ehe und den spannenden, neuen Gewässern des Unbekannten.
Nach ihrer ersten Regiearbeit, Away from Her, in der die Geschichte eines seit 45 Jahren verheirateten Paars erzählt wird, widmet Sarah Polley sich auch in Take This Waltz wieder der Ehe, diesmal jedoch stehen ihre Protagonisten am Anfang eines gemeinsamen Lebens. Take This Waltz zeigt auf, dass jede Beziehung einem stetigen Wandel und Prioritätenwechsel unterzogen ist, und dass diese Tatsache und ihr Erkennen mitunter sehr schmerzvoll sein können.
Margot scheint fast krampfhaft am Traum von „Sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“ festhalten zu wollen, bis sie daraus in die Realität gerissen wird, mit der sie nicht umzugehen weiß. Mit den Prozessen, die in ihr in Gang getreten werden, kommt sie nicht zurecht, wirkt ein wenig wie ein Kind, das keine Verantwortung für die eigenen Emotionen und das Verhalten, das dadurch hervorgerufen wird, übernehmen will. Michelle Williams erbringt nach ihrer herausragenden, Oscar-nominierten Darstellung in Blue Valentine (2010) auch in Take This Waltz eine atemraubende Leistung. Auf beeindruckende Weise gelingt es ihr, das Unsichere, verzweifelt Suchende und letztlich zutiefst Traurige einer Frau zum Ausdruck zu bringen, die mit Ende zwanzig das Erwachsenwerden als schmerzvollen Prozess erlebt.
Wunderschön unterstützt wird dies durch das Spiel von Farbe und Licht. Sind beispielsweise die Szenen im Haus von Lou und Margot eher in matten Tönen gehalten, die, metaphorisch für die Ehe, nicht mehr ganz „frisch“ wirken, erstrahlt Daniels Wohnung in Weiß und kräftigen, leuchtenden Primärfarben.
Take This Waltz handelt von der Tragik, dass man irgendwann im Leben vor der Entscheidung steht, einem Begehren nachzugehen oder mit der Lücke, die das Ablehnen unweigerlich schafft, zu leben. Und davon, zu akzeptieren, dass wir niemals absolute Gewissheit erlangen können.