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Schlagerstar

Schlagerstar

| Andreas Ungerböck |

Gelungener Blick vor und hinter die Kulissen des volkstümlichen Musikbusiness

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Schlagerstar ist ein guter Titel, wenn auch nicht ganz zutreffend: Der 35-jährige Tiroler Marc Pircher ist eher eine fixe Größe der so genannten „volkstümlichen Musik“, die, von Intellektuellen gerne belächelt oder gar verdammt, bekanntlich zu den wenigen permanent florierenden Zweigen des audiovisuellen Business gehört.
Marc Pircher, ein ausgesprochener Vielarbeiter, ist seit 20 Jahren „im Geschäft“, eine entsprechende Jubiläums-Kompilation erschien letztes Jahr. Die Zusammenstellung und Promotion derselben steht im Mittelpunkt des Dokumentarfilms von Marco Antoniazzi und Gregor Stadlober (die auch für Bild bzw. Ton verantwortlich sind), der von den umtriebigen Produzentinnen Nina Kusturica und Eva Testor und ihrer Firma Mobilefilm hergestellt wurde. Dass Schlagerstar bei der kürzlich zu Ende gegangenen Diagonale den Publikumspreis gewann, kommt nicht überraschend: Für die einen mag das an Marc Pircher selbst liegen, der sich als so liebenswert, freundlich und in seinem Business kompetent erweist, wie er vermutlich auch ist; für die anderen wohl eher an einer Art „Faszination des Grauens“, die die Stadl-taugliche Musik und die notorischen Schwiegermutterwitze nun einmal für viele haben. Antoniazzi und Stadlober folgen dem Musiker auf Schritt und Tritt, von Tirol nach Oberösterreich, vom Kreuzfahrtschiff zum Festzelt, von Musikaufnahmen bis zum Livekonzert, von Auftrittsvorbereitungen bis hin zu Interviews, Fernsehshows und Begegnungen mit seinen treuen Fans im deutschsprachigen Raum, die sich zu einem guten Teil in ihrer zweiten Lebenshälfte befinden. Das alles ist sehr professionell und ordentlich gemacht. Weder werden Pircher und seine Ko-Volkstums-Musiker verächtlich gemacht, noch werden die systemimmanenten Schattenseiten, das dauernde Auf-Achse-Sein, der Zwang zur ewigen Freundlichkeit und die gelegentlichen Stresssituationen ausgeblendet. Dass die Filmemacher am Saubermann-Image des Künstlers nicht kratzen, ist verständlich; es würde vermutlich auch kaum etwas zu Tage bringen: zu etabliert ist die Marke „MaPi“, zu glatt gedrechselt und neutral sind seine öffentlichen Statements, in denen allenfalls Österreich „gut“ und die EU „böse“ ist. Die Kritik an seiner Art von Musik wird von Pircher selbst in einem Interview mit Armin Assinger thematisiert und gekontert, und einmal geht es um die Tatsache, dass Veranstalter versuchten, die Musiker als Animateure für einen vermehrten Bierkonsum des Publikums zu missbrauchen.
Letztlich sehen wir ein alpenländisches Phänomen, das durch diesen Film möglicherweise für ein aufgeklärteres Publikum einen Teil seines Schreckens verliert, was ja auch ein Verdienst ist. Dass das Tour-Leben hart ist, gilt offensichtlich für volkstümliche Musiker, Rock’n’Roller und Volks-Rock’n’Roller gleichermaßen.