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Before Midnight

Before Midnight

| Roman Scheiber |

Julie Delpy und Ethan Hawke parlieren in der Regie von Richard Linklater wieder einmal auf Teufel komm raus.

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Sie können fortdauernd miteinander reden, ohne sich dabei etwas mitzuteilen, was sie nicht schon wissen. Putzgespräche nennt man solche Konversationen in der populären Paarpsychologie. Doch die ganze Putzerei nutzt nichts – irgendwann kommen sie zu dem Punkt, an dem alles zu kippen droht. In diesem Fall die Frage: Wollen wir zusammen sein, bis der Tod uns scheidet?
Wir treffen den Amerikaner Jesse (Ethan Hawke) und die Französin Celine (Julie Delpy), achtzehn Jahre nach ihrem Kennenlernen in Wien (Before Sunrise, 1995), neun Jahre nach ihrem Wiedersehen in Paris (Before Sunset, 2004). Sie sind also ein Paar geworden, und in der Zwischenzeit sind zu Jesses Sohn Hank aus erster Eher (zwischen Film eins und zwei) zwei süße Mädchen dazugekommen. Vom Alltag zwischen Romanschreiben (Jesse), sich im Job profilieren (Celine) und gemeinsamer Kinderbetreuung erholt man sich bei Freunden in Griechenland, Before Midnight erzählt den letzten Urlaubstag.
Es fängt an mit einem Abschied am Flughafen. Hank muss zurück zur Mutter nach Chicago. Die Schwere des Vaterherzens und die Abgeklärtheit des 14-Jährigen kommen schön zum Ausdruck. Hernach setzt ein, was schon die Vorgängerfilme kennzeichnet: lange, dialoglastige Einstellungen mit einem Fokus auf heterosexuelles Beziehungsfreud und -leid. Ihrem Wesen nach ist Richard Linklaters filmische Evolution einer transkontinentalen Romanze eine Schwätzfilm-Trilogie vor jeweils malerischer Kulisse. Das soll im Bemühen um Nuancierung und Witz nicht gering geschätzt werden (und Linklater ist grundsätzlich ein großartiger Filmemacher). Doch zu einigem Missvergnügen tragen die etwas papierenen Nebenfiguren bei, deren Hauptfunktion es ist, bei einer letzten Mittagstischgesellschaft als eigene Erfahrung ausgewiesene, gedrechselte Allgemeinplätze über das Geschlechterverhältnis auszutauschen. Zudem hat man bei Jesse und Celine an Stellen das leicht enervierende Gefühl, sie würden Familien- und Alterungsfragen eher dem Publikum vortragen als miteinander zu besprechen.
Dramatisch wird es am Ende, wenn die beiden – statt eine geschenkte Paarmassage prickeln zu lassen – in eine kommunikative Sackgasse geraten, sich von einem kleinen zu einem Riesen-Wickel hochlizitieren und bei der eingangs erwähnten Grundsatzfrage landen. Es ist ein scheinbarer Schluss: Denn wenn sie nicht gestorben sind und mitspielen, wird sich die Reihe wohl in rund neun Jahren zur Schwätzfilm-Tetralogie erweitern („Before Noon“?). Sollten sie dann nicht mehr zusammen sein, werden sie sich wieder zusammenreden.