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Snitch – Ein riskanter Deal / Snitch

| Jörg Schiffauer |

Justizkritischer Thriller, der die Kollateralschäden des „War on Drugs“ beleuchtet

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Als sich im Lauf des 19. Juni 1986 die Nachricht vom Tod des Basketballspielers Len Bias verbreitete, war dies eine Meldung, die die sportverrückte  Öffentlichkeit der USA nachhaltig erschütterte. Bias, der als Talent vom Kaliber Michael Jordans galt, starb im Alter von 22 Jahren an einer Überdosis Kokain. Eine der Folgen seines tragischen Todes war ein von staatlichen Stellen verstärkter Kampf gegen Drogen. 1988 verschärfte der US-Kongress die gesetzlichen Maßnahmen drastisch – schon der Besitz recht geringer Mengen illegaler Substanzen zog empfindliche Haftstrafen nach sich. Strafmilderung konnte man zumeist nur mittels Kooperation mit den Behörden erreichen.
Die drastischen Auswirkungen dieser Maßnahmen veranschaulicht Regisseur und Ko-Autor Ric Roman Waugh auf eindringliche Weise. Der 18-jährige Jason, Sohn des Transportunternehmers John Matthews (von Dwayne Johnson unprätentiös und zurückgenommen gespielt), lässt sich von einem Kumpel überreden, ein Drogenpäckchen aufzubewahren. Doch natürlich geht alles schief, Jason wird verhaftet, ihm drohen zehn Jahre Haft. Nur wenn er mit den Drogenfahndern zusammenarbeitet, könnte seine Strafe abgemildert werden. Doch weil Jason aus Naivität in die Sache verwickelt wurde und tatsächlich nichts mit Drogenhandel zu tun hat, kann er auch niemanden benennen – außer ein paar harmlose Kiffer aus seinem Freundeskreis, die er damit aber in enorme Schwierigkeiten bringen würde. Weil Jason dies verweigert, macht sein Vater aus Verzweiflung der Staatsanwältin ein unkonventionelles Angebot: Er würde den Behörden Hinweise zur Überführung von Drogendealern liefern, um damit Jasons Strafe zu verkürzen. Doch abgesehen davon, dass es für einen unbescholtenen Bürger nicht so einfach ist, undercover ins Milieu einzutauchen, sieht er sich bald jenem moralischen Dilemma gegenüber, mit dem Informanten und Agents Provocateurs eben konfrontiert sind: Er muss täuschen, hintergehen und selbst Menschen verführen und verraten, die zunächst gar nichts Unrechtes im Sinn hatten und ihm eigentlich ganz sympathisch sind. John Matthews findet sich bald in einem nicht enden wollenden Teufelskreis wieder.
Als geradlinig in Szene gesetzter Thriller mit einer düsteren, pessimistischen Grundstimmung erweist sich Snitch als höchst gelungene Genrearbeit, die zudem ein System der Strafverfolgung entlarvt, das das eigentliche Ziel aus den Augen verloren hat und in dem Sühne längst in keinem vernünftigen Maß zur Schuld steht. Eines wurde der „War on Drugs“ aufgrund dieses Systems nachweislich nicht: erfolgreich.