Fetzige Farce zwischen Kritik und Komik, Lust und Liebe, Gefühl und Gier

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Don Jon hat ein Problem: Er findet Pornos geiler als richtigen Sex. Die silikonprallen Bimbos in den Filmchen sind so viel pflegeleichter als die wirklichen Frauen mit ihren Ecken und Kanten. Die Wichsvorlagen stellen keine Ansprüche, stöhnen selbst dann noch begeistert, wenn Mann sie wie ein Karnickel rammelt und lassen sich ins Gesicht spritzen. Wohingegen so ein reales Weib … So kommt es, dass Don Jon selbst nach einem analogen Fick noch des öfteren Zuflucht zum Digitalen nimmt und sich zu Youporn einen runterholt. Bis er auf Barbara Sugarman trifft, die gleichfalls ein Problem hat: Sie glaubt an die Idee der romantischen Liebe, und zwar in der Hollywood’schen Ausprägung: Haus in der Vorstadt, Auto, Kinder, Versorger – ungefähr in der Reihenfolge; dazu gesellen sich dann noch fantasieloser Sex und Monogamie-Diktat, und fertig ist die als gesellschaftlich abgesegnetes Ideal getarnte Beziehungshölle.
Don Jon und Barbara Sugarman sind derart von sich selbst begeistert, dass sie im anderen lediglich das zu sehen vermögen, was sie an Wunsch- oder Idealvorstellung auf ihn/sie projizieren. Sie sind wie füreinander geschaffen. Und sie sind jene Stellvertreterfiguren, anhand derer Joseph Gordon-Levitt in Don Jon eine exemplarische Geschichte erzählt: von der Kommerzialisierung zwischengeschlechtlicher Beziehungen. Von der Ersetzung von Intimität und Nähe durch formalistische, verkitschte Berührungsmuster. Vom Verzicht auf die Entwicklung einer eigenen, einzigartigen Identität zugunsten
der unreflektierten Aneignung von Rollenklischees und
Stereotypen. Klingt ernst und ist es ja auch, wird aber von Gordon-Levitt – der auch für das Drehbuch seines hier vorliegenden Regiedebüts verantwortlich zeichnet – schwungvoll, mitunter gar rasant und unbekümmert um Stilbrüche oder abrupte Tonlagen-Wechsel dargeboten. Derart lebendig, selbstironisch und voll heimtückischen Spaßes am bösen Scherz, dass die Schwere des Themas der Leichtigkeit der Inszenierung weicht und dabei doch die tiefere Bedeutung nicht verloren geht. Was wiederum damit zusammenhängt, dass Gordon-Levitt in der Rolle Don Jons und Scarlett Johansson in der Barbara Sugar-
mans es ordentlich krachen lassen. Immer scharf an der Grenze zur Charge, dabei aber hundertprozentig solidarisch mit ihren Figuren gelingen ihnen veritable Charakterporträts zweier armer Tröpfe in den Fängen kapitalistischer Propagandalügen. Bis endlich Julianne Moores Alt-Hippie-Braut Esther den Mann am Schwanz packt und auf den Boden der Tatsachen holt.