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The Imitation Game

| Marietta Steinhart |

Codes geknackt, die Etikette gebrochen

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Are you paying attention?“ will Alan Turing wissen. Seine eindringliche Stimme führt uns ein in seine Geschichte, die lange Zeit ein britisches Staatsgeheimnis war und davon erzählt, wie er den Zweiten Weltkrieg um geschätzte zwei Jahre verkürzte, um später von einer Nachkriegsgesellschaft vor die Wahl zwischen Gefängnis oder chemische Kastration gestellt zu werden. Verkörpert wird der britische Mathematiker von Benedict Cumberbatch, dem to-go-to-Schauspieler wenn es um arrogante Genies geht, die – irgendwo auf dem autistischen Spektrum – jedwede soziale Kompetenzen vermissen lassen.

Wir begegnen Turing in drei Phasen seines Lebens: bei einem Verhör wegen „grober Unzucht“ im Jahr 1951; während des Kriegs in Bletchley Park und in einem Internat in den 1930ern. Mit nur 27 Jahren bietet er Commander Denniston (Charles Dance) seine Dienste an, um mit einem Team von Experten und der Kryptoanalytikerin Joan Clarke (eine willkommene Angelegenheit: Keira Knightly), die Chiffriermaschine der Nazis, die Enigma, zu entschlüsseln und zwar mit einem Rechner, der einem Computer schon sehr nahe kommt. Turing war aber auch homosexuell in einer Zeit, in der das strafbar war. Standesgemäß findet das im Off statt, was frustrierend ist, weil es ohnehin schon ein repressiver Teil seiner Identität ist und er sehr wohl Affären hatte. Der norwegische Regisseur Morten Tyldum (Headhunters) arrangiert seinen Spionagethriller dramatisch, aber sehr gesittet auf die „feine englische Art“.

Cumberbatch dabei zuzusehen, wie er den Wissenschaftler mit all seinen Ticks, dem Stottern und den Zuckungen mimt, ist enorm imposant, aber man vergisst an fast keiner Stelle, dass man einem Schauspieler zusieht, dessen Rollen als Rätselknacker allmählich ineinander verschwimmen. Was ihn dennoch so gewaltig als Sherlock Holmes, Julian Assange und Alan Turing macht, ist seine Fähigkeit, abweisende Gefühllosigkeit mit tiefer Verletzbarkeit zu verkörpern. Er steht nicht nur vor einem Rätsel, er selbst stellt eines dar. Der Titel des Films bezieht sich sowohl auf Turings Ambitionen, festzustellen, ob Maschinen ähnlich wie Menschen denken können, als auch seine Anstrengungen sich der Norm einer phantasielosen Gesellschaft anzupassen. In Turings Worten: „Just because something things differently from you, does that mean its not thinking?“ Die Zweideutigkeit ist nicht an uns verloren und die faszinierende, wenn auch zu ordentlich erzählte Geschichte ist es auch nicht.