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Eine neue Freundin / Une nouvelle amie
Romain Duris und Anais Demoustier in "Eine neue Freundin"

Filmkritik

Eine neue Freundin / Une nouvelle amie

| Pamela Jahn |

Solide Stilübung in Sachen: Wandle sich, wer kann!

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So viel darf verraten werden: Es gibt keine neue Freundin in François Ozons neuem Film, auch wenn sich Claire (Anaïs Demoustier) nach dem Tod ihrer Busenfreundin Laura (Isild Le Besco) nichts sehnlicher wünscht, als den Verlust zu kompensieren und die Lücke in ihrem Herzen zu füllen, den Lauras Ableben hinterlassen hat. Da kann auch das Extra-Stück Zuneigung von ihrem Ehemann Gille (Raphaël Personnaz) nichts ausrichten, der gewillt ist, ihr die Zeit zu geben, die sie braucht, und der Claire schließlich darin bestärkt, sich etwas mehr um Lauras trauernden Gatten David (Romain Duris) und das Kind zu kümmern, nach dem Motto: geteiltes Leid ist halbes Leid.  Bei einem spontanen Besuch kommt jedoch ans Licht, dass David nicht der ist, für den ihn Claire und der Rest der Welt bisher gehalten haben. Was zunächst jedoch nur wie ein makaberer Scherz wirkt, um die Handlung ohne längere Umschweife in Ozon-typische Gefilde zu lenken, wird im Laufe des Films zum zwingenden Kern der Handlung erhoben, und so läuft das launige Verwirrspiel seinen unvermeidlichen Lauf.

François Ozon ist älter geworden und erwachsener, was man seinen Filmen ansieht, die im gleichen Zuge präziser und filmisch perfektionierter wirken. Zwar ist auch Une nouvelle amie in der Darstellung der Hauptfiguren, ob Frau oder Mann, letztlich weniger spektakulär als genau in der Beobachtung, doch mit seinem  Melodram der Toleranz und Akzeptanz des Andersseins, wie er es in seinem neuesten Werk anlegt, kommt er nicht nur etwas zu spät, sondern verliert sich bei aller Identitätssuche seiner Figuren schließlich in seiner eigenen Geschichte.

Darüber hinaus kann man sich, wie schon bei seinem letzten Film Jeune & Jolie, des Eindrucks nicht erwehren, man habe das Ganze so oder so ähnlich schon mindestens einmal in einem Ozon-Film gesehen oder gehört: die künstlerische Überspitzung, die klassische Musik, eine mitunter kokette Komik, die immer wieder ins Dramatische, wenn nicht ins Tragische umschlägt, die Rollenspiele, Lüge und Geheimnisse. Ozons Steckenpferd ist und bleibt das Enthüllen unserer inneren Sehnsüchte, Wünsche und Begierden, die in uns stecken und die uns früher oder später verraten, wer wir sind und schon immer waren. Was bleibt, sind die wenigen wunderbaren Einfälle, die kurzweilige Unterhaltung, sein vorzüglicher Sinn für Ausstattung und amüsante Pointen, die den Film trotz seiner narrativen Makel sehenswert machen.