ray Filmmagazin » Filmkritiken » Ricki – Wie Familie so ist / Ricki and the Flash

Ricki – Wie Familie so ist / Ricki and the Flash

| Marietta Steinhart |

Wohlfühlballade mit Meryl Streep: unstimmig, aber überschwänglich

Werbung

Ricki Rendazza (Meryl Streep), ehemals Linda Brummel, verließ einst Ehemann (Kevin Kline) und Kinder, um ihren Rock’n’Roll-Phantasien zu folgen. Bei Tag arbeitet sie als Kassiererin in einem Supermarkt, bei Nacht brüllt sie Cover-Songs von Tom Petty und U2 mit ihrer Band „The Flash“ (Musikveteranen Bernie Worrell, Rick Rosas, Joe Vitale und Rick Springfield) für ihre kleine, aber treue Anhängerschaft in einer Bar am Rande von Los Angeles. Sie ist zwar nicht groß herausgekommen, aber sie hat auch nie aufgegeben.

Da ruft sie die obligatorische Familienkrise zurück in den Mittleren Westen. Ihre erwachsene Tochter (Streeps Tochter Mamie Gummer herrlich manisch hier) hat eine Scheidung hinter sich, und Ricki ist nun gezwungen, sich mit den Schmerzen, die sie verursacht hat, auseinanderzusetzen. Aber nicht allzu lange, denn zu früh schickt sie die neue Frau (Audra McDonald) ihres Ex-Mannes zurück an die Westküste, wo sich der Film der blasierten Romantik zwischen Ricki und ihrem Gitarristen (ein aufrichtiger Springfield) widmet und wegdriftet, von dem, was ihn eingangs liebenswert gemacht hat.

Es ist eine Mischung von zwei Dingen, die Regisseur Jonathan Demme besonders gut beherrscht: die Außenseiter-Komödie und den Konzertfilm, aber Ricki and the Flash hat weder die Grobkörnigkeit von Rachel Getting Married, noch die Raffinesse von Stop Making Sense. Die Geschichte hat das Herz eigentlich am rechten Fleck. Es geht um das schmerzhafte Fehlen von Liebe, verschuldet durch einen fehlgeleiteten Drang zur Selbstverwirklichung, aber es fühlt sich alles zu bequem an. Von der sonst so unaffektierten Drehbuchautorin Diablo Cody (Juno) hätte man durchaus mehr Kanten erwarten können.

Ein bisschen Gras und ein Gutenachtlied (zugegeben, es ist der emotionale Höhepunkt des Films) werden den Liebeskummer schon tilgen. Das ist einfach nicht überzeugend und das Happy End nicht verdient. Wer Ricki war, wer sie ist und warum sie ihre Familie zerstört hat, bleibt genauso unerforscht wie das interessante Detail, dass dieser sogenannte Freigeist eine Republikanerin ist mit einer Tea-Party-Tätowierung auf dem Rücken. Zum Glück ist Streep gar nicht imstande, eine halbherzige Leistung zu bieten, aber ihre Rolle als Rockveteranin ist nie wirklich glaubwürdig. Das Schöne an dem Film ist, dass er sich mit Menschen beschäftigt. Mit chaotischen, unzufriedenen, fehlerhaften Menschen, aber es ist eben auch ein Film, in dem sich komplizierte emotionale Konflikte mit einer guten Bruce-Springsteen-Nummer lösen lassen.

bannerKinoprogramm