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Suite francaise – Melodie der Liebe

Suite francaise - Melodie der Liebe

| Alexandra Seitz |

Literaturverfilmung, gediegen und gedankenfaul

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Suite française“ hätte Irène Némirovskys Opus magnum werden sollen, doch der Roman blieb Fragment. Zwei von geplanten fünf  Teilen konnte die 1903 in der Ukraine in ein jüdisches Elternhaus geborene, 1919 vor der Russischen Revolution nach Frankreich geflohene Schriftstellerin immerhin fertigstellen, ehe sie im Juli 1942 verhaftet und nach Auschwitz deportiert wurde, wo sie noch im August an Entkräftung starb. Vor diesem Hintergrund sind die zarten Freundschafts-, ja, schließlich sogar Liebesbande zu sehen, die sich in Némirovskys Roman zwischen Lucile Angellier, einer Angehörigen des französischen Landadels, und Bruno von Falk, einem deutschen Leutnant, allmählich entwickeln.

Die von Feindschaft und Politik immer wieder stark gefährdete Romanze trägt sich zu Beginn der Okkupation Frankreichs durch Nazi-Deutschland in einem Kaff namens Bussy zu und bietet von der bösen Schwiegermutter bis zum heimtückischen Soldaten, vom widerständigen Bauern bis zum feigen Viscount allerlei Kolportagehaftes auf, das zwar der Unterhaltung dienlich sein mag, der Reflexion jedoch eher weniger. Während aber das 2004 postum erschienene Buch eine Debatte um jüdischen Selbsthass und Antisemitismus der zum Christentum konvertierten Autorin auslösen konnte, verharrt Saul Dibbs Verfilmung in konventioneller Bebilderung und an der Oberfläche. An den Schauspielern liegt es nicht; Michelle Williams liefert in der Rolle der Lucile gewohnt instinktsicher das Porträt einer Frau zwischen Pflichtbewusstsein und nackter Angst, nicht zuletzt vor der eigenen Courage. Kristin Scott Thomas’ eiskalte Schwiegermutter lässt immer wieder unvermutet die Deckung fallen und Menschlichkeit aus tiefem Schmerz entstehen, und Matthias Schoenaerts, hier: von Falk, schaut man sowieso immer gerne zu.

Allerdings bewies Schoenaerts mit Rollen in A Little Chaos, Far from the Madding Crowd und zuletzt The Danish Girl einen eher unseligen Hang zum Kostümschinken. Bei welchen Gelegenheiten einem auffallen konnte, dass die hünenhafte Physiognomie des Mimen, gepaart mit seiner verletzlichen Ausstrahlung, eher zur Verkörperung eines moderneren Männerbildes geeignet wäre als jener historischer Rollenmuster. Im alten Gewand macht der Schauspieler zwar bella figura, bleibt aber deutlich unter seinen Möglichkeiten. Dabei könnte er, ebenso mühelos wie Michael Fassbender, in seinen Rollen, Facetten gegenwärtiger Konzepte von Männlichkeit zusammentragen und den Klischees die Kritik entgegenstellen.

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