Get Out

| Pamela Jahn |

Unterhaltsame Horror-Satire der Sonderklasse

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Wenn er die Wahl gehabt hätte, versichert die zart-blasse Rose (Allison Williams) ihrem afroamerikanischen Freund Chris (Daniel Kaluuya), hätte ihr Vater ein drittes Mal Obama gewählt. Kein Grund zur Sorge also, was das bevorstehende Wochenende im Kreise ihrer Familie angeht, zu dem nicht nur das frisch verliebte Paar geladen ist, sondern auch Roses exzentrischer Bruder und eine ganze Schar gut situierter Freunde, die sich einmal im Jahr auf dem abgelegenen Anwesen zusammenfinden, um des geliebten Großvaters zu gedenken. Die Armitrages, so scheint es zumindest, sind eine überaus offenherzige und aufgeschlossene Familie – und trotzdem kann sich Chris nicht wirklich entspannen. Es fängt damit an, dass Roses Psychotherapeuten-Mutter (Catherine Keener) ihn mit Hilfe von Hypnose zum Nichtraucher zu bekehren versucht, während sich die beiden schwarzen Hausangestellten mit ihren bohrenden Blicken zunehmend gespenstisch verhalten. Und kaum ist die erste Nacht überstanden, wird Chris bewusst, dass er doch besser auf seinen besten Kumpel Rod hätte hören sollen, der das Übel bereits vorausgesehen hatte.

So weit, so gewöhnlich, möchte man meinen, wäre da nicht dieses grundtiefe Gefühl von Unbehagen, das Get Out von der ersten bis zur letzten Minute vermittelt. Tatsächlich ist dem vor allem als Komiker bekannten Jordan Peele mit seinem Regiedebüt nicht nur ein internationaler Box-Office-Hit, sondern gleichzeitig ein kleines Kunststück gelungen: ein sozialkritischer Thriller, der in den düsteren Gefilden des Horrorgenres genauso zu Hause ist wie im Haifischbecken schärfster Satire. In den besten Momenten erinnert diese gekonnte Verschmelzung von Unterhaltung und Abscheu an eine Tradition, die vor allem Ira Levin mit seinen literarischen Vorlagen zu Rosemary’s Baby und The Stepford Wives mitgeprägt hat. Und dennoch wirkt Peeles Zugang erfrischend unvorbelastet und originell, nicht zuletzt weil es, so die Botschaft von Get Out, im sogenannten post-rassistischen Amerika bis heute nicht einfacher, geschweige denn sicherer geworden ist, schwarz zu sein.

Wenn es an diesem gelungenen Film etwas zu mäkeln gibt, dann dass die Handlung ausgerechnet im finalen Akt zunehmend an Schneid verliert. Doch mit Michael Abels’ hervorragendem Score, dem es gelingt, die stets zwischen Warnung und Drohung schwankende Dichotomie des Filmtitels konsequent bis zum Ende aufrechtzuerhalten, und einem so verlässlichen Helden wie Kaluuya ist man gewillt, über Schwächen hinwegzusehen und sich dem verdrehten Vergnügen hinzugeben, das Get Out zweifelsohne bereitet.

 

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