Manifesto

| Günter Pscheider |

Bildgewaltige und amüsante Cate-Blanchett-One-Woman-Show über die Kraft und Absurdität künstlerischer Manifeste

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Die Zutaten zu diesem ungewöhnlichen Kinoerlebnis sind so einfach wie faszinierend: Auf der Textebene fabriziere man eine Collage aus Manifesten hauptsächlich aus dem Kunstbereich – ein wenig Politik und Film ist zur Abwechslung auch dabei. Als zweite Hauptzutat suche man optisch beeindruckende Locations à la Kubrick, Gilliam oder Matthew Barney und filme sie mit einer sehr beweglichen Kamera, das übermäßig technisch klingende Gericht würze man dann mit einer gehörigen Portion Menschlichkeit in Gestalt von Cate Blanchett, die in 13 Rollen ihre unfassbare Wandlungsfähigkeit demonstrieren darf.

Der studierte Architekt Julian Rosefeldt traf den kunstinteressierten australischen Superstar bei einer Vernissage einer seiner Installationen und besprach gleich an Ort und Stelle die Idee für sein nächstes Projekt, das diesem Film zugrunde liegt. In der daraus entstandenen Videoinstallation rezitiert Cate Blanchett in zwölf Kurzfilmen eine subtile Montage aus pathetischen Pamphleten der großteils avantgardistischen Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts – von Expressionismus, Futurismus und Suprematismus über den Dadaismus und Surrealismus, Situationismus bis hin zu Konzeptualismus und Minimalismus.

Dabei schlüpft sie in unterschiedliche Rollen, die in ihrer kulturellen Ausprägung als Arbeiterin, Mutter, CEO oder Fernsehsprecherin explizit oder implizit mit der Aussage der Texte in Beziehung treten, sie unterstützen oder auch konterkarieren. Wie man als Zuschauer mit dem pathetischen Ton, der ja das Wesen eines Manifests ist, umgeht, hängt ganz vom eigenen Standpunkt, was die Bedeutung von Kunst allgemein betrifft, ab. Viele Szenen funktionieren auf jeden Fall als humoristischer Kommentar auf den nicht sehr alltagstauglichen Ton, wenn z.B. eine Witwe am Grab ihres Mannes im Trauertonfall den Dadaismus erklärt, eine Frau ihrem Mann und Kindern (die echte Familie Cate Blanchetts) bei Tisch vorbetet, was alles Kunst sein kann („chicken legs“), oder wenn eine Lehrerin den eifrigen Volksschülern Lars von Triers Dogma-Regeln eintrichtert.

Das Beste daran ist, dass dieser bildgewaltige Bastard aus Installation und Kino auch funktioniert, wenn man von den Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts keinen blassen Schimmer hat. Es reichen schon ein wenig Interesse für das Wesen des Menschen an sich, Affinität zu skurrilem Humor und die Neugier auf die Nuancen der Schauspielkunst, um diese kurzweiligen 95 Minuten (die Installations-Clips wurden gekürzt und sehr schön montiert) uneingeschränkt genießen zu können.

 

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