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Was werden die Leute sagen / Hva vil folk si

Was werden die Leute sagen

| Roman Scheiber |

Nichts Gutes, so viel ist klar.

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Es ist ein Klischee, weidlich genutzt von Europas Rechtspopulisten, um gegen „Ausländer“ Stimmung zu machen: Immigrantenfamilien aus kulturfernen Ländern integrieren sich nicht, sondern bleiben unter Ihresgleichen und leben jahrzehntelang weiter in ihren für westliche Augen oft überkommenen, patriarchalen Strukturen. Nun sagt man ja, an jedem Klischee sei etwas Wahres dran. Nur unter Nachsicht dieser Taxe und im Wissen, dass es sich im Fall von Was werden die Leute sagen um eine stark autobiografisch gefärbte Geschichte handelt, ist der zweite Langspielfilm der pakistanisch-norwegischen Regisseurin Iram Haq ein wahrhaftiger Film.

Im Zentrum steht die 16-jährige Nisha, ein in Norwegen aufgewachsener und dem ersten Anschein nach sozial gut integrierter Teenager. Doch mehr hat sie nicht gebraucht, als sich von ihrem Vater mit ihrem gleichaltrigen Freund beim Schmusen erwischen zu lassen! Es folgen Donner und Doria, Schreikrämpfe und Ehrverlust-Gejammer – was werden die Leute sagen? –, und ungeachtet behördlicher Mediationsversuche wird Nisha von ihrem Vater so grob wie unversehens zu Verwandten nach Pakistan strafversetzt. Tja, wer gedacht hat, das verwestlichte arme Mädel komme nun vom Regen in die Traufe, wird über den Umweg eines muslimischen Kultur-Parcours, darin sich wiederum das eine oder andere Klischee finden lässt, vollinhaltlich bestätigt. Damit aber nicht genug der Pein, denn zurück in Norwegen gibt es wieder Brösel, und schließlich soll Nisha an den Mediziner-Sohn von Bekannten nach Kanada verheiratet werden, aus dem einzigen Grund, dass die Leute dann endlich nichts mehr zu tuscheln haben.

Ohne die anderen Beteiligten zu verdammen, bezieht Iram Haq doch eindeutig Partei für ihre minderjährige Protagonistin, deren wiederkehrender Impuls verständlicherweise im Weglaufen besteht. Das ist sympathisch und überdies in eine funktionierende Spannungsdramaturgie gekleidet, gleitet aber mitunter ins Plakative ab, bzw. deutlicher formuliert, kann nicht alle Fallstricke eines Thesenfilms umgehen. Um die eigene Persönlichkeit entfalten zu können, um zur eigenen Identität zu finden – so die bestärkende Botschaft des Films an junge Mädchen unter sozialer Totalkontrolle –, muss man sich zur Not auch komplett von der patriarchalen Familie lösen. Dass die Zuseherin bis zum Schluss dabei bleibt, verdankt sich nicht zuletzt der ausdrucksstarken Präsenz Maria Mozhdahs, die hier mit 17 für ihr Leinwand-Debüt vor der Kamera stand. Ihren Vater spielt der in Indien berühmte Adil Hussain (Life of Pi).

 

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