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Grenzenlos / Submergence

Filmkritik

Grenzenlos

| Marietta Steinhart |

Liebe in Zeiten von Terrorismus und Erderwärmung

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Wim Wenders hat bewegende filmische Werke um die seltsamen Eigenheiten des menschlichen Herzens konstruiert: Der Himmel über Berlin; Bis ans Ende der Welt; In weiter Ferne, so nah Er verschmolz seine Charaktere immer mit ihrem geografischen Bestimmungsort, so auch in seiner neuen Literaturverfilmung Submergence.

Alicia Vikander und James McAvoy spielen Danielle Flinders und James More. Sie ist eine Meeresbiologin, die kurz vor der wichtigsten Tiefseeexpedition ihrer Karriere steht. Diese könnte einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung leisten. Er gibt sich als Wasserexperte aus, ist aber in Wahrheit ein schottischer Spion auf dem Weg nach Somalia, um einen Handlanger von Osama bin Laden aufzuspüren. Die beiden begegnen einander in einem luxuriösen Ferienort in der Normandie und, Neptun sei Dank, sie können stundenlang über die Welt, Wasser und U-Boote philosophieren. Sie machen ausgedehnte Spaziergänge am Strand und kuscheln vor einem knisternden Kamin. Sie sind wie füreinander geschaffen, aber sind dann gezwungen, sich wieder zu trennen. James wird bald der Gefangene von Fundamentalisten sein, während Danielle ihre gesamte Expedition damit verbringen wird, Trübsal zu blasen und sich zu fragen, warum der Kerl, mit dem sie drei Tage verbracht hat, sie nicht zurückruft.

Jedweder Zynismus beiseite gelassen: Wim Wenders neuer Film nach dem gleichnamigen Roman des schottischen Kriegskorrespondenten und Schriftstellers J.M. Ledgard erzählt eine Liebesgeschichte inmitten von Ressourcenknappheit, Erderwärmung und Terrorismus und vereint sie unter einem symbolschweren Originaltitel: Submergence– was so viel wie Untertauchen bedeutet. Der Großteil des Films schneidet zwischen den beiden Liebenden hin und her, indem er Danielles Forschung in den dunklen Tiefen des Meeres mit James Eintauchen in die Welt des radikalen Islam vergleicht. Gleichzeitig vertiefen sich beide, einsam wie sie sind, in ihrer jeweiligen Finsternis, in die Erinnerungen voneinander, um ihre Prüfungen zu bestehen. Im Grunde verbringen McAvoy und Vikander die zweite Hälfte von Submergence in zwei unterschiedlichen Filmen. Er lebt in einer Art verkopftem James-Bond-Thriller, sie starrt sehnsüchtig auf zwei Dinge: das Meer und ihr Handy. Deshalb kann das alles niemals zu der epischen Romanze verschmelzen, die Submergence eigentlich sein sollte, aber die Schauspieler und die schönen Bilder von Benoît Debie, dem Kameramann von Spring Breakers, sind verführerisch genug, um zu verhindern, dass der Film in seinen Metaphern völlig ertrinkt.