ray Filmmagazin » Filmkritiken » Intrigo – Tod eines Autors
Intrigo – Tod eines Autors

Filmkritik

Intrigo – Tod eines Autors

| Oliver Stangl |
Found in Translation

Daniel Alfredson hat reichlich Erfahrung auf dem Gebiet der Krimi-Adaption – seit den frühen 1990ern verfilmt er regelmäßig anspruchsvolle Romane von Landsleuten, darunter Kerstin Ekman, Per Wahlöö oder Stieg Larsson. Nun hat Alfredson sich eines weiteren Großen der schwedischen Krimiliteratur angenommen: Håkan Nesser respektive dessen „Intrigo“-Trilogie. Obwohl jeder der Teile über anderes Personal verfügt, lassen sich doch Leitmotive erkennen: Mysteriöses Verschwinden, Schuld, mögliche Sühne. Als erster Teil kommt mit Intrigo – Tod eines Autors (Death of an Author) nun ein Werk ins Kino, das am ehesten über „Meta“-Aspekte verfügt, dessen Genre-Reflexionen allerdings eher dezent angelegt sind.

Werbung

Autor David (Benno Fürmann) reist auf eine griechische Insel, um dem einsiedlerischen Schriftsteller Henderson (Ben Kingsley) Kostproben aus seinem Werk vorzulesen. Ein Krimi ist es, der von einem Paar in der Krise handelt: Sie, schwanger geworden von einem anderen, will ihn während eines Ausflugs im Gebirge verlassen, woraufhin er die Bremsen des Autos manipuliert und sie für tödlich verunglückt wähnt. Drei Jahre später hört er während einer Konzertübertragung im Radio eine Frau husten – kann das die Totgeglaubte sein? Als der Mann, ein Übersetzer, den Auftrag erhält, das letzte Manuskript des durch Selbstmord verschiedenen Schriftstellers Germund Rein ins Deutsche zu übertragen, fährt er in die Stadt Maardam, in der er auch seine verschwundene Frau vermutet. Als mysteriöse Verfolger erscheinen, die Suche nach der Frau obsessiver wird und in Reins Manuskript Hinweise auftauchen, die Zweifel an der Suizidvariante schüren, droht die Mehrfachbelastung den Mann zu zerstören … Während des Vorlesens wird schnell klar, dass David selbst der Übersetzer im Krimi ist, doch was hat der mysteriöse Henderson mit all dem zu tun? Alfredson nimmt sich Zeit für die Entwicklung der Story, die, von einem scheinbar banalen Fall ausgehend, immer komplexer wird. Visuell ist das etwas zu makellos, und auch mehr Background zu den Figuren wäre nicht schlecht gewesen, doch vermag der Film der Frage nach Schuld und ihrer Tilgung  originelle Aspekte abzugewinnen. Gespielt wird sehr solide, zudem sind für die Erzeugung von Spannung keinerlei Waffen nötig – ein dialogdominierter Krimi für Erwachsene ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Während andere Koproduktionen Made in Europe oft einem zusammengeschusterten, identitätslosen „Europudding“ gleichen, ist der Location-Mix hier beabsichtigt: Nessers fiktives Maardam ist geografisch nicht verortbar.